Frage an Alois Gerig von Christine V. bezüglich Finanzen
Thema: Kündigung durch die Bausparkasse
Nachdem ich vor dem Amtsgericht Stuttgart Recht bekam musste die Kündigung meines Bausparvertrages zurückgenommen werden - nach dem Urteil von Karlsruhe wurde mir erneut gekündigt! Wie stehen sie dazu? Was ist missverständlich, wenn in meinem Vertrag steht: die Bausparkasse darf den Vertrag nicht kündigen?
Leider ist mein Gerechtigkeitsempfinden gerade etwas erschüttert - gewinnen in unserem Land nur die "Großen" mit den teuersten Anwälten?
Mit freundlichen Grüßen
C. V.
Sehr geehrte Frau V.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema „Bausparvertrag“, gerne möchte ich dazu Stellung nehmen. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich aufgrund der Vielzahl an Schreiben, die mich tagtäglich erreichen, erst heute dazu komme, Ihnen zu antworten.
Zum Hintergrund: Das Gesetz über Bausparkassen wurde letztmals mit dem Änderungsgesetz vom 13. Dezember 1990 neu gefasst. Zwischenzeitlich hat sich insbesondere durch veränderte Rahmenbedingungen und die Weiterentwicklung der Kreditwirtschaft Anpassungsbedarf ergeben. Die Bausparkassen haben, wie auch die Lebensversicherer, große Probleme mit der anhaltenden Niedrigzinspolitik der EZB. Die Bausparkassen müssen „konservativ“ anlegen, hierfür gibt es derzeit kaum Zinsen. Auf der anderen Seite haben viele Altverträge eine hohe Guthabenverzinsung. Die zuständige Bankenaufsicht BaFin hält es grundsätzlich für rechtlich zulässig, übersparte Bausparverträge zu kündigen. Dies wohl immer dann, wenn der mit dem Bausparvertrag verfolgte Zweck durch die Übersparung nicht genutzt, der Vertrag vielmehr als gut verzinstes Sparkonto genutzt wird.
Der Bundestag hat sich in der aktuellen Wahlperiode mit dem Thema Bausparverträge befasst. Mit dem Bausparkassenänderungsgesetz soll es den Bausparkassen unter Berücksichtigung der bausparspezifischen Besonderheiten und unter Wahrung der Belange der Bausparer ermöglichen, auf die veränderten Rahmenbedingungen und die Auswirkungen des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes zu reagieren.
Mit dem Gesetz werden die Weichen gestellt, dass Bausparkassen auch in Zukunft ihre Verträge sicher erfüllen können. Hierzu war es wichtig, die Regelungen an das aktuelle Niedrigzinsumfeld anzupassen und dabei das bewährte Spezialbankenprinzip zu stärken. Bausparkassen dürfen nun auch verstärkt gewöhnliche Baudarlehen außerhalb des Bauspardarlehensgeschäfts vergeben und Hypothekenpfandbriefe zur Refinanzierung ausgeben. Wichtig war bei diesem Gesetz aber auch, Wettbewerbsverzerrungen zu anderen Banken zu verhindern. Beim Verhältnis zwischen Bausparer und Bausparkasse wurden keine gesetzlichen Änderungen vorgenommen. Insbesondere hat es auch keine Entlastung für Bausparkassen bei Altverträgen gegeben, in denen noch hohe Zinszahlungen zugesichert wurden. Ferner wurden auch die Anlagemöglichkeiten für Bausparkassen noch erweitert, die nun fünf Prozent ihrer Kapitalanlagen unter engen Voraussetzungen in Aktien investieren dürfen.
Zu der Kündigung Ihres Bausparvertrags im speziellen ist es mir nicht möglich einen individuellen Rechtsrat zu geben, da ich zum einen die Vertragsbedingungen und AGB nicht kenne und zum anderen kein Rechtsanwalt bin. Da sind leider auch mir als Bundestagsabgeordneter die Hände gebunden. Ich kann Ihre Verärgerung und auch Verunsicherung gut verstehen, sogar sehr gut persönlich nachempfinden, da auch ich von einer Kündigung betroffen war. Sie können sich aber an die BaFin (zuständige Bankenaufsicht) wenden, die den Fall dann prüft. Die BaFin leistet zwar keinen individuellen Rechtsschutz, sie prüft aber, ob sich die Bausparkasse im rechtlichen Rahmen hält.
Mit freundlichen Grüßen
Alois Gerig