Frage an Alois Gerig von Reinhard W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Gerig,
in der Abstimmung am 27.06. zur Verschärfung des §108e StGB (Abgeordnetenbestechung) haben Sie mit "Nein" gestimmt. Bereits im letzten Jahr (18.10.2012) haben Sie an dieser Stelle bedauert, dass es der Bundesregierung immer noch nicht gelungen ist, die UN Konvention gegen Korruption aus dem Jahre 2003 zu ratifizieren. Der Gesetzesentwurf vom 27.6. erlaubt offensichtlich auch das von Ihnen hier am 17.3.2011 genannte Abendessen mit einem Lobbyisten, das vermutlich im Rahmen der Wahrnehmung des Mandats parlamentarischen Gepflogenheiten entspricht.
Welche konkreten Gründe hat Ihre Ablehnung des Gesetzesentwurfs vom 27.6.?
Was muss konkret noch geschehen, damit die mittlerweile 10 Jahre alte UN Konvention gegen Korruption endlich auch in Deutschland ratifiziert werden kann?
mit freundlichen Grüßen
Reinhard Wenig
Sehr geehrter Herr Wenig,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage zum Thema Abgeordnetenbestechung. Ihre Frage beantworte ich wie folgt:
Nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches steht Abgeordnetenbestechung unter Strafe. Strafbar ist der Kauf und Verkauf von Stimmen bei Wahlen und Abstimmungen im Parlament. In der nun zu Ende gehenden Wahlperiode wurde im Bundestag darüber beraten, diesen Straftatbestand zu erweitern, um die UN-Konvention gegen Korruption umzusetzen. Die Oppositionsfraktionen haben dazu Gesetzentwürfe vorgelegt.
Die CDU/CSU tritt entschieden dafür ein, Korruption im öffentlichen wie privatwirtschaftlichen Bereich zu verhindern und zu bekämpfen. Eine Ratifizierung der UN-Konvention ist aus Sicht meiner Fraktion jedoch nicht so einfach, weil die Konvention nicht ausreichend zwischen Amtsträgern und Beamten einerseits und gewählten Abgeordneten andererseits unterscheidet. Während Beamte Gesetze anwenden und dabei zu Unparteilichkeit verpflichtet sind, kennzeichnet es die Tätigkeit von Abgeordneten, im Rahmen ihres freien Mandates Partei zu ergreifen und sich für Anliegen und Interessen von Bürgern einzusetzen. Deshalb halte ich es für sachwidrig, die Bestimmungen zur Beamtenbestechung einfach auf Abgeordnete zu übertragen.
Sicher wäre es der Arbeit von Abgeordneten und damit der parlamentarischen Demokratie nicht dienlich, wenn die Regelungen zur Abgeordnetenbestechung so unbestimmt sind, dass Abgeordnete permanent Gefahr laufen, sich strafbar zu machen. Neue Strafvorschriften zur Abgeordnetenbestechung müssten nach meiner Überzeugung gewährleisten, dass eine Einflussnahme von Bürgern und Interessengruppen auf Abgeordnete, die im politischen Prozess notwendig und erwünscht ist, trennscharf von einer Einflussnahme abgegrenzt wird, die verwerflich und strafwürdig ist. Die CDU/CSU ist der Auffassung, dass die Gesetzentwürfe der Opposition diese Abgrenzung nicht hinbekommen. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat im Oktober letzten Jahres eine Anhörung von Rechtsexperten durchgeführt, die mehrheitlich diese Auffassung bestätigt haben.
In der von Ihnen angesprochenen Parlamentsdebatte vom 28. Juni dieses Jahres haben SPD und Grüne ihre Gesetzentwürfe zur Abstimmung gestellt, die in der besagten Anhörung bereits erörtert worden waren. Die CDU/CSU ist bei ihrer ablehnenden Haltung geblieben. Um die Gesetzentwürfe zur Abstimmung stellen zu können, bedienten sich SPD und Grüne eines Verfahrenstricks: Ihre Gesetzentwürfe wurden als „Änderungsanträge“ zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung eingebracht, mit dem die Koalition den Schutz der Verbraucher vor unerlaubter Telefonwerbung und dubiosen Inkassomethoden verbessert hat. Ich halte es für nicht sachgerecht, im Zusammenhang mit wichtigen Verbraucherthemen auch über neue Strafvorschriften zur Abgeordnetenbestechung zu beraten und zu entscheiden. Der Opposition ging es in der Parlamentsdebatte am 28. Juni offensichtlich nicht ernsthaft um die Lösung einer schwierigen Frage, sondern um Showeffekte.
Auch wenn in dieser Wahlperiode die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption nicht erreicht werden konnte, so bleibt dieses Thema auf der Tagesordnung. Die CDU/CSU wird sich weiter dafür einsetzen, dass eine Regelung gefunden wird, die Abgeordnetenbestechung auf eindeutig strafwürdiges Verhalten begrenzt. Im neuen Bundestag sehe ich die Fraktionen gefordert, gemeinsam nach einer tragfähigen Neuregelung zu suchen.
Mit freundlichen Grüßen
Alois Gerig