Frage an Alois Gerig von Vera H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Gerig,
wie stehen Sie zur faktischen Beschneidung der Rechte des deutschen Bundestags durch Einrichtung eines kleinen Zirkels, der stellvertretend über die Verwendung unserer Steuergelder entscheidet - statt des von den Bürgern gewählten Parlamentes in offener Debatte?
Durch welchen Teil des Grundgesetzes ist diese Handlung gedeckt?
Wie stehen Sie zur angestrebten Einrichtung des ESM, dessen Mitglieder ohne parlamentarische Kontrolle, in voller Immunität, ohne für Folgen belangt werden zu können jede Summe an Steuermitteln anfordern können, die ihnen "erforderlich" erscheint, um Banken- und Staatsrettung weiter auf Kosten der Steuerzahler betreiben zu können?
Wie ist dies durch das deutsche Grundgesetz gedeckt?
Welche Wege/Mittel ziehen Sie in Betracht um die Mitverursacher der Krise ab 2008 tatsächlich an den Folgen zu beteiligen? Bisher haben diese es ja geschickt verstanden, unter diversen Rettungsmaßnahmen ihre faulen Papiere per Zentralbanken an die Steuerbürger abzuwälzen.
Mit welchen Aktivitäten streben Sie die Durchsetzung der Regulierung der Finanzmärkte an (durch Transaktionssteuern)?
Wie stehen Sie zur Errichtung einer europäischen Transfer-Union (Eurobonds etc.)?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Hofmann-Schneider,
vielen Dank für Ihre Email zum Euro-Rettungsschirm. Am Donnerstag, den 29. September hat der Bundestag der Erweiterung des Rettungsschirms mit großer Mehrheit zugestimmt: 523 Abgeordnete quer durch alle Fraktionen - mit Ausnahme der Linken - stimmten dafür, 85 dagegen. Dies ist ein starkes Signal, dass es Deutschland mit der Stabilität des Euros ernst meint.
Mir ist es nicht leicht gefallen, der Erhöhung der deutschen Garantien im Rahmen des temporären EFSF zuzustimmen. Über die Frage meiner Zustimmung zum dauerhaften ESM werde ich auf Basis der zum Zeitpunkt der Abstimmung vorliegenden Erkenntnisse entscheiden.
Die 211 Mrd. Euro für den EFSF entsprechen etwa zwei Drittel des Bundeshaushalts. Müsste der deutsche Steuerzahler mit dieser Summe tatsächlich einspringen, wäre das eine erhebliche Belastung — auch für kommende Generationen. Die Alternative zum erweiterten Rettungsschirm ist keinesfalls besser: Geht ein Euro-Staat insolvent, droht der Zusammenbruch des Finanzsystems und damit eine erneute globale Finanz- und Wirtschaftskrise. Zudem wäre die Stabilität des Euros in großer Gefahr.
Letztlich hatten wir Abgeordneten eine schwierige Abwägung zwischen Hoffen und Bangen zu treffen. Eine Erweiterung des Rettungsschirms ist nach meiner Überzeugung der bessere Weg. Die Erhöhung des Garantierahmens durch den EFSF erhöht die Chancen, dass es nicht zu einer Staateninsolvenz kommt, da dann die Möglichkeiten bestehen, Geldtransfers an Griechenland – soweit angezeigt – beenden zu können. Auch eine erneute Rezession würde uns in Deutschland empfindlich treffen und muss deshalb abgewendet werden.
Ein Scheitern des Euros liegt nicht im deutschen Interesse: Der Euro erleichtert den Handel in Europa und kommt deshalb besonders der exportorientierten deutschen Wirtschaft zu Gute. Nach Berechnungen der KfW-Bankengruppe sorgte die Gemeinschaftswährung allein in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren für Wachstumseffekte zwischen 50 und 60 Mrd. Euro.
Ich denke, mit der Erweiterung des Rettungsschirms hat die Koalition aus Union und FDP mit Kanzlermehrheit unter Beweis gestellt, dass sie handlungsfähig ist und in Europa dazu beiträgt, die Schuldenkrise zu lösen.
Mit freundlichen Grüßen
Alois Gerig