Frage an Alexandra Thein von Sven Z. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrte Frau Thein,
als eine der Kandidaten in meinem Wahlkreis wuerde mich interessieren, was Sie als Europaabgeordnete erreichen moechten? Was sind die Ziele Ihre Arbeit im europaeischen Parlament?
Viele Gruesse,
Sven Zimmermann
Lieber Herr Zimmermann,
zunächst möchte ich mich entschuldigen, dass ich Ihre wichtige Frage so spät beantworte. Gerade diese Frage wollte ich in Ruhe beantworten, wofür der Wahlkampf leider keine Zeit ließ.
Meine Kandidatur erfolgt vor dem Hintergrund, dass nach meiner Auffassung außer langjährigen Berufspolitikern auch Leute aus der Praxis in das Europäische Parlament gewählt werden sollten. Ich möchte dort meine über 20-jährige Berufserfahrung in die politische Arbeit einbringen.
Meine Themenschwerpunkt sind die Rechts- Innen- und Mittelstandspolitik.
Als Rechtsanwältin und Notarin bin ich durch die Stellungnahmen u.a. der Bundesrechtsanwalts- und Bundesnotarkammer über das Rechtsetzungsgeschehen in Brüssel gut informiert. Weiter erlebe ich seine Auswirkungen in meiner täglichen Berufspraxis. Ich meine, dass es sowohl handwerklich besser geht, wie auch näher an der Lebenswirklichkeit der Menschen.
Neben dem erforderlichen Bürokratieabbau lassen Sie mich Ihnen anhand von 2 Beispielen aus meiner notariellen Praxis erläutern, wo Rechtsetzung auf europäischer Ebene sinnvoll ist und den Unternehmen und Bürgern konkreten Nutzen bringen kann.
Voraussichtlich im Jahre 2010 soll die sogenannte Europa-GmbH eingeführt werden, mit der in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union zu denselben Bedingungen und Kosten eine GmbH gegründet werden kann. Damit will die EU auf den Wettbewerb um Unternehmensgründungsformen reagieren, der auch hier in Deutschland zur Abwanderung von Unternehmen in das europäische Ausland führt. Hier gilt es auf die vielen noch offenen Fragen die richtige Antwort zu geben, wobei Detailkenntnisse vonnöten sind. Flankierend hierzu müßte nach meiner Auffassung auch ein europäisches Handelsregister geschaffen werden.
Von meiner mittelständischen Mandantschaft und aus meiner eigenen Selbständigkeit weiß ich: Wir brauchen intelligente Rahmenbedingungen für den gesamten Mittelstand in der EU, damit in den Unternehmen die tatsächlich wirtschaftlich effizienten Entscheidungen getroffen werden können.
Im privaten Bereich wird inzwischen mehr als jede 6. Ehe in der EU binational geschlossen; auch ich selbst bin im übrigen binational verheiratet. Hier gilt es die Verfahren zur Scheidung, zur grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und Anerkennung von öffentlichen Urkunden zu vereinfachen.
Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt meiner Arbeit wäre die Abwehr von weiteren staatlichen Eingriffen in die Freiheits- und Bürgerrechte und die Rücknahme von falschen Entscheidungen (z.B. der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die Überarbeitung des Fluggastdaten-Abkommens mit den USA, der Verzicht auf eine Fluggastdatensammlung für innereuropäische Flüge). Hier hat in den letzten Jahren ein Sicherheits- und Überwachungwahn um sich gegriffen ohne Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der nötigen Balance. Die freiheitliche Bürgergesellschaft ist in ihren Grundfesten bedroht.
Was möchte ich konkret für Berlin erreichen ?
Vor allem eine Stärkung der Wirtschaft.
Als Deutsche und als Berlinerin will ich mich für eine stärkere Förderung der osteuropäischen Mitgliedsländer mit ihren ungesättigten Absatzmärkten direkt vor unserer Haustür und gegen eine von Frankreich iniierte stärkere Förderung des Mittelmerraumes einsetzen.
Ich bin eine Anhängerin der bürgernahen Idee des Europas der Regionen. Berlin, Brandenburg und ein Teil der angrenzenden Woiwodschaften Polens müssen zu einer europäischen Region zusammenwachsen. Einerseits aus wirtschaftlichen Gründen, auch um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen, die es nur bei grenzüberschreitenden Projekten gibt. Andererseits um als kleiner Stadtstaat mit vergleichsweise wenigen Einwohnern, ein stärkeres politisches Gewicht auf europäischer Ebene zu erhalten. Darüberhinaus müssen wir mit Polen zu einer wirklichen Aussöhnung kommen, langfristig zu einem Freundschaftsverhältnis wie mit Frankreich. Die Politik muss hierfür die notwendigen Voraussetzungen schaffen.
Weiter möchte ich mich für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie und Hotellerie einsetzen. Gerade hier in Berlin wirkt sich die Wirtschaftskrise bereits ganz konkret, insbesondere im Gastronomiegewerbe aus. Europa hat den Weg frei gemacht zu einer ohnehin längst fälligen Mehrwertsteuersenkung auf nationaler Ebene.
Soweit in aller Kürze.
Mit freundlichen liberalen Grüßen,
Ihre Alexandra Thein
P.S.: Eine Kandidatin in Ihrem Wahlkreis kann ich genau genommen nicht sein. Alle Kandidaten der bekannten 6 Parteien treten auf sogenannten Bundeslisten an mit Ausnahme der CDU und CSU, die mit Landeslisten antreten. Sie wählen die Partei und keine Person. Möglicherweise lebe ich aber in Ihrem Wahlkreis.