Frage an Alexandra Thein von Frank B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Thein,
mein Interesse gilt heute der im Vertrag von Lissabon eingeführten Todesstrafe ( http://www.presswire.de/default.asp?obj=8&id=25181 ). Noch gilt bei uns Artikel 102 des Grundgesetzes „Die Todesstrafe ist abgeschafft“, aber der Bundestag kann in kurzer Zeit das Grundgesetz verändern ( http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/land-welt_artikel,-Grundgesetzaenderung-beschlossen-_arid,103765.html ). Der Artikel 102 unterliegt nicht der Ewigkeitsklausel, wie die Artikel 1 und 20 GG.
- Warum war es für die EU, und dem Bundestag, so wichtig, für Aufstand, Aufruhr, Krieg und Kriegsgefahr die Todesstrafe einzuführen?
Kann der Artikel 102 GG durch die EUROGENDFOR ausgehebelt werden?
- Alle 27 Mitgliedstaaten hatten die Todesstrafe abgeschafft, dennoch wurde sie wieder eingeführt. Warum?
- Warum wird die Todesstrafe nicht ausgeweitet auf Terroristen, Kinderschänder, Massenmörder und Hochverrat?
- Wie unterscheidet sich Aufstand/Aufruhr von der Ausübung von Recht auf Widerstand?
- Wie kann vermieden werden, dass die Ausübung von Recht auf Widerstand zum Aufstand/Aufruhr eingestuft wird?
- Welche Vorschriften gelten für die Todesstrafe? Wie wird sie umgesetzt? Welche Form kommt zum Einsatz? Spritze? Erschießen? Galgen? Fallbeil?
- Welche Instanz entscheidet über die Todesstrafe?
Ich möchte Sie bitten meine Fragen nicht nur mit dem Artikel 102 abzuschmettern. Immerhin könnten innerhalb weniger Tage Bundestag und Bundesrat diesen Artikel aus dem GG streichen. Das Beschneidungsgesetz hat gezeigt, wie schnell der Gesetzgeber handeln kann, wenn er will. Ich habe übrigens zum Thema Widerstandsrecht eine Petition im Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht (als öffentliche Petition eingereichte, aber nicht veröffentlichte Petition Nr. 38490) Darum interessiert mich besonders die Unterscheidung zwischen Aufstand/Aufruhr und das Recht auf Widerstand.
Ich bedanke mich für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Borgmann
Sehr geehrter Herr Borgmann,
ich bedanke mich für Ihre ausführliche Anfrage. Als Europaabgeordnete freut es mich natürlich besonders, wenn sich Bürgerinnen und Bürger intensiv mit den verfassungsrechtlichen Fragen der EU-Verträge befassen.
Ich kann allerdings in der von Ihnen angesprochenen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.12.2007 (Erläuterungen zur Charta der Grundrechte 2007/C 303/02) keine Einführung der Todesstrafe erkennen. Es handelt sich um eine Befassung mit der rechtlichen Auslegung des staatlichen Gewaltmonopols.
Satz 2 der von Ihnen angesprochenen Vorschrift, der die Todesstrafe zum Gegenstand hatte, ist durch das Inkrafttreten des Protokolls Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hinfällig geworden, dessen Artikel 1 wie folgt lautet:
"Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden."
Auf dieser Vorschrift beruht Artikel 2 Absatz 2 der Charta.
Im übrigen darf ich Ihnen versichern, dass ich mich sowohl unter moralischen Gesichtspunkten als auch aus politischen Gründen seit Beginn meines Jurastudiums stets gegen die Todesstrafe gewandt habe. Dies habe ich auch in mehreren Presseveröffentlichungen sowie in der Mitzeichnung einer Resolution deutlich gemacht:
http://www.alexandra-thein.de/index.php?id=18&tx_ttnews%5Btt_news%5D=454&cHash=32c5bbf1280e4ebf0d7c5c6e69f54152
Mit freundlichen Grüßen,
Alexandra Thein