Wie stehen Sie zum Selbstbestimmungsgesetz?

Sehr geehrte Frau B.,
das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel lehnen wir als CDU/CSU entschieden ab. Deshalb haben wir als Unionsfraktion und auch ich persönlich bei der namentlichen Abstimmung im vergangenen Jahr mit „Nein“ gestimmt. Statt auf die vielfältigen Bedenken und Sorgen aller Seiten einzugehen, hat die Ampel von Beginn an eine einseitige und unausgewogene Lösung verfolgt, die erheblichen gesellschaftlichen Sprengstoff birgt. Die Ampel versteht Geschlecht als etwas jenseits jeder biologischen Fundierung. Dieses Verständnis teilen wir ausdrücklich nicht.
Dass Kinder und Jugendliche ohne qualifizierte Beratung ihr rechtliches Geschlecht wechseln können, verstößt gegen alle Prinzipien eines angemessenen Kinder- und Jugendschutzes. Die Ampel handelte hier verantwortungslos und bar jeder Vernunft. Die Anpassungen, die die Ampel nach dem Aufschrei von besorgten Eltern und der Fachwelt als Beitrag zum Minderjährigenschutz verkaufte, sind keine Verbesserung. Das Gesetz richtet so mehr Schaden an als Nutzen. Wenn ein 14-Jähriger nur per Selbstauskunft versichern soll, dass er zu seinem Geschlechtswechsel von wem auch immer beraten wurde, ist das lächerlich. Eine nachweislose Alibiberatung ist kein Schutz für Jugendliche. Das Gesetz ist gerade für diese vulnerable Gruppe gefährlich. Viele Jugendliche fühlen sich in der Pubertät in ihrem Körper unsicher, söhnen sich dann aber in den allermeisten Fällen mit ihrem Geburtsgeschlecht aus. Deshalb bestehen wir auf einer Begutachtungspflicht bei Kindern und Jugendlichen. Nicht aus Bevormundung, sondern aus Fürsorge. Nach wie vor soll außerdem Eltern, die nicht einverstanden sind, der Entzug des Sorgerechts drohen. Das ist ein gemeiner Keil, den die Ampel gerade bei diesem sensiblen Thema zwischen Eltern und ihre Kinder treibt. Statt wenigstens ein Mindestmaß dieses Schutzes zu gewährleisten, werden Familien in schwierigen Situationen ohne verpflichtende und qualifizierte Beratung sich selbst überlassen.
Die Entkoppelung des rechtlichen vom biologischen Geschlecht, wenn also jeder und jede völlig voraussetzungslos das gewünschte Geschlecht beim Standesamt eintragen lassen kann, sorgt nicht nur für Kopfschütteln bei vielen Menschen in unserem Land. Sie führt zu Rechtsunsicherheit – etwa, wenn es um den Zugang zu Frauenschutzräumen oder gleichstellungspolitische Maßnahmen wie Frauenquoten geht. Zudem wurde das ohnehin bereits sehr weitgehende Offenbarungsverbot noch einmal verschärft.
Die Ampel hat mit dem Selbstbestimmungsgesetz darüber hinaus ein echtes Sicherheitsrisiko geschaffen. Nun ist es möglich, seine Identität mit einer einfachen Erklärung vor dem Standesamt zu ändern und die Sicherheitsbehörden erfahren hiervon nichts. Beim Standesamt erfolgt keinerlei Abgleich mit anderen Datenbeständen, um einen Missbrauch auszuschließen. Der Standesbeamte kann eine solche Erklärung zur Identitätsänderung auch nicht einfach ablehnen. Mit einem neu ausgestellten Pass ist es Personen dann zum Beispiel möglich, an deutschen Flughäfen auszureisen, auch wenn sie bereits auf Fahndungslisten geführt werden. Durch den Wegfall der Übermittlungsverpflichtung an die Sicherheitsbehörden wird dem Missbrauch der gesetzlichen Regelungen zur Identitätstäuschung Tür und Tor geöffnet.
Das alles macht deutlich: Das mit der Ampel-Mehrheit im Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz bietet keine verantwortungsvollen Lösungen. Es zeigt, worum es der Ampel in den abschließenden Verhandlungen eigentlich ging: um ein notdürftiges Übertünchen der Streitigkeiten innerhalb der Koalition. Das ist keine ausgewogene und verantwortungsvolle Lösung. Für die Ampel galt offenbar: kurzzeitiger Burgfrieden vor (Rechts)sicherheit und Kinder- und Jugendschutz. Wir werden daher das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel wieder abschaffen. Der Jugendschutz und das Erziehungsrecht der Eltern dürfen nicht untergraben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Throm