Frage an Alexander Schoch von Katharina W. bezüglich Bildung und Erziehung
Welche Rolle spielen Schulen Ihrer Ansicht nach bei der Vermittlung grundlegender, menschlicher Kompetenzen, wie etwa soziale und emotionale Kompetenz, Kommunikations- und Problemlösekompetenz?
Welchen Einfluss auf die Entwicklung dieser Kompetenzen hat es (Ihrer Meinung nach) wenn Kinder a) vorrangig digital unterrichtet werden bzw. b) innerhalb der Schulzeit ihre Mitmenschen (also Mitschüler ebenso wie Lehrer) nur mit bedecktem Mund-Nasen-Bereich und damit der nonverbalen mimischen Botschaften beraubt sehen? Welche Auswirkung hat dies (ihrer Meinung nach) auf das Befinden und die Gesundheit der Kinder?
Was bedeutet das für Sie im Zusammenhang mit dem Corona-Maßnahmen?
Sehr geehrte Frau Weniger,
vielen Dank für Ihre Frage. Meiner Ansicht nach spielen die Schulen für die Entwicklung verschiedenster Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen eine große Rolle. Im besten Fall machen sie dort, neben denen in der Familie und mit Freundinnen und Freunden außerhalb der Schule, wichtige Erfahrungen in allen von Ihnen aufgezählten Bereichen.
Diese Kompetenzen werden, soweit ich das beurteilen kann, im Distanzunterricht natürlich deutlich weniger bzw. in einigen Bereichen auf andere Art gefordert und gefördert. Während beim Online-Lernen kein direkter Kontakt besteht, der den Kindern noch mehr fehlt als uns Erwachsenen, müssen sie hier mehr Geduld aufbringen als im Präsenzunterricht, es sind technische Kompetenzen gefragt und sehr viel mehr Eigeninitiative und Motivation, das gilt besonders für Kinder, die zu Hause keine oder nur wenig Hilfe bekommen können.
Die Mimik der Bezugspersonen im Kitabereich ist meiner Ansicht nach insbesondere für die sprachliche aber auch für die emotionale Entwicklung wichtig. Auch im Grundschulbereich ist das noch von Bedeutung und verliert mit zunehmendem Alter und normaler Entwicklung der Kinder bzw. Jugendlichen an Bedeutung bei der sprachlichen Entwicklung. Bei Kindern, Jugendliche und Erwachsenen mit Entwicklungsverzögerungen und Entwicklungsstörungen oder Handicap wird Mimik und Gestik immer eine große Rolle spielen.
Da nicht in allen Kinderbetreuungseinrichtungen, Kitas bzw. bei Logopädie oder Heilpädagogik Maske getragen wird, weil das aus pädagogischen Gründen als schwierig empfunden wird, hat dies auch leider die Folge, dass die Erzieherinnen und Erzieher die Berufsgruppe sind, die am häufigsten wegen Covid-19 krankgeschrieben sind. (Siehe hier)
Es kommt aber auch aus meiner Erfahrung nach vor allem darauf an, wie wir Erwachsene den Kindern das Maskentragen vermitteln. Wenn wir das als beängstigende Bürde vorleben, wird das auch den Kindern Angst machen. Erklären wir jedoch, dass es sich dabei um einen Schutz für uns und andere handelt, sind die Kinder meist gern bereit, mitzumachen.
Warum erklärt bspw. Jugendpsychiaterin Karin Biskup-Meyer in diesem Artikel: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/kinder-corona-masken-eltern-psychologie-1.5097188
Auch wenn ich es natürlich ebenfalls gut fände, wenn wir keine Masken bräuchten, können wir auf den durch die Masken erreichten Gesundheitsschutz der Kinder und ihrer Betreuer:innen und Lehrer:innen so lange die Pandemie andauert leider nicht verzichten. Daher bin ich froh, dass das pädagogische Personal nun bei den Impfungen vorgezogen wird und dann früher sicherer arbeiten kann.
Alle Corona-Maßnahmen müssen jeweils sorgfältig abgewogen werden. Gerade jetzt, nachdem die deutlich ansteckenderen Virusvarianten in wachsender Zahl bei uns in Baden-Württemberg mit zunehmendem Anteil nachgewiesen wurden, gilt es, so vorsichtig wie möglich zu bleiben. Wir haben in Großbritannien, Portugal und Irland gesehen, wie rasend schnell sich diese Mutation auch unter Kindern ausbreiten kann, das müssen wir unbedingt vermeiden. Denn jedes Mal, wenn wir zu schnell öffnen und Maßnahmen zu schnell lockern, riskieren wir eine weitere Infektionswelle mit schrecklichen Folgen – bei denen die Kinder dann noch länger von zu Hause lernen müssten und Masken noch länger verpflichtet getragen werden müssen. Und das sollten wir für unsere Kinder und Enkel meiner Ansicht nach unbedingt vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Schoch MdL
Fraktion Grüne im Landtag