Frage an Alexander Salomon von Sabine H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Salomon,
das Anliegen unseres Schreibens ist unsere Besorgnis über den zunehmenden Rechtsterrorismus wie etwa in Freital.
Es gab schon früh Anzeichen von terroristischen Vereinigungen. Gruppen wie die „Oldschool Society“ oder ihre Verbindungen zur rechtsterroristischen Vereinigung „Gruppe Freital“ wurden in ihrem Gefährdungspotential nicht erkannt und daher auch nicht angemessen von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt. Sie übten Anschläge auf Asylbewerberheime, ein Parteibüro der Partei „Die Linke“ und ein Wohnprojekt aus, ohne dass daraus Konsequenzen gezogen wurden.
Die Bundesanwaltschaft Karlsruhe ist die zentrale Zuständigkeitsbehörde für Terrorermittlungen, doch kam es immer wieder vor, dass Ermittlungsergebnisse aus den Bundesländern nicht oder nicht rechtzeitig an diese weitergeleitet wurden.
Wir fordern daher, den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Behörden nochmals zu optimieren. Zudem müssten die Behörden der Landes- und Bundesbehörden, d. h. Polizeistationen, Kriminalämter, Generalstaatsanwälte, und Verfassungsschutzbehörden ohne Kompetenzgerangel ermittelte Informationen austauschen. Dies soll sowohl für Terror von links- und rechtsradikalen als auch islamistischen oder sonstigen Gruppen gelten.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, diesen Tendenzen entgegenzuwirken und in welcher Form setzen sich Sie und Ihre Partei dafür ein?
Mit freundlichen Grüßen
Die Klasse 9b der Realschule Linkenheim
Sehr geehrte Frau H.,
haben Sie recht herzlichen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre Frage zum Informationsaustausch bzw. der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes.
Zuvorderst möchte ich Ihnen meinen großen Dank aussprechen, dass Sie sich gemeinsam mit Ihrer Klasse mit dem Thema Rechtsterrorismus und der staatlichen Sicherheitsarchitektur beschäftigen. Solch eine Auseinandersetzung ist sicherlich nicht selbstverständlich, wenngleich sie aus meiner Sicht ungemein wichtig ist für die politische Entwicklung von Jugendlichen.
Dies ist vor allem vor dem von Ihnen geschilderten Hintergrund von großer Bedeutung, da tatsächlich in den vergangenen Monaten und Jahren klar zu erkennen ist, dass die (extreme) rechte Szene sich weiter radikalisiert, immer gewalttätiger vorgeht und stärker in die Öffentlichkeit drängt. Dass dies kein neues Phänomen ist, kann man in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland leider an vielen Stellen erkennen; erinnert sei nur an die diversen Wehrsportgruppen, das Oktoberfestattentat oder die durch Rechtsextreme ermordeten Polizisten.
Wie nah und real der Terrorismus durch die Rechten ist, hat spätestens die Existenz des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gezeigt. Aufgrund der Aufklärung der Hintergründe der Taten des NSU durch mittlerweile über zehn Untersuchungsausschüsse im Bund und in den Ländern und zahlreichen engagierten Journalistinnen und Journalisten, verfügt die Öffentlichkeit nun mehr über ein umfassenderes Bild, sowie Erfahrungen und Erkenntnisse über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden.
So war es für mich, obwohl man die Tendenz gekannt hat, besonders erschreckend zu erkennen, wie eng und mit welcher Intensität der Verfassungsschutz in den Ländern und im Bund mit der extremistischen Szene zusammengearbeitet hat in Form von so genannten V-Personen. Wie zwiespältig der Einsatz dieser Menschen, die aus der Szene kommen und in der Regel dort eine besondere Rolle inne haben, ist, hat man im Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg, dessen Mitglied ich war, gesehen. Dort war zu beobachten, dass manche V-Personen entweder keine vollständigen oder gar falsche Informationen liefern. Aus diesen Erfahrungen heraus sehe ich den Einsatz von V-Personen in der rechten Szene als sehr kritisch an.
Eine wesentliche Erkenntnis war zudem für mich, dass selbst wenn Informationen durch V-Personen oder durch andere Beschaffung erzielt werden können, diese nicht zwangsläufig als relevant oder verfolgungswürdig eingestuft werden. Hinzu kam auch noch die fehlende Kommunikation zwischen den Behörden, teilweise auch aufgrund von persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Schlussendlich haben wir im Land, wie auch bereits der Untersuchungsausschuss im Bund, im Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss mehrere Handlungsempfehlungen (siehe Beschlussempfehlung des Untersuchungsausschusses Rechtsterrorismus/NSU BW, abrufbar unter https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP15/Drucksachen/8000/15_8000_D.pdf) an die Landesregierung gerichtet, die nun nach und nach immer weiter umgesetzt werden.
Sehr geehrte Frau H., ich darf Ihnen und Ihrer Klasse in Ihrer Forderung nach einer besseren Kommunikation eindeutig recht geben. Auch für mich ist dies ein wichtiger Punkt. Durch die Umsetzung dieser Handlungsempfehlungen können wir einen klaren Rahmen setzen und den Informationsfluss verbessern. Darüber hinaus haben wir beispielsweise durch die gesetzliche Verankerung der Regelung zu Vertrauenspersonen und die dringend notwendige Einrichtung eines Parlamentarischen Kontrollgremiums wichtige Schritte unternommen - die Initiative hierfür kam von Seiten meiner Fraktion. Seien Sie sich sicher, dass wir diesen Weg der stärkeren Kontrolle, einer Ausweitung der Transparenz und der stetigen Fortentwicklung unserer Sicherheitsorgane weiter gehen werden.
Abschließend muss ich Ihnen allerdings auch sagen, wie bereits oben angedeutet, dass selbst die besten Vorschriften und Regelungen von ihrer Umsetzung leben. Dieser Wandel in der Kultur innerhalb der Behörden benötigt aus meiner Sicht wohl eine längere Umsetzungsphase. Aber genau hier können wir durch eine verbesserte Ausbildung und mehr politische Diskussion ansetzen. Dafür, das darf ich Ihnen versichern, werde ich mich in meiner politischen Arbeit einsetzen.
Ich hoffe, ich konnte die Fragen von Ihnen und Ihrer Klasse beantworten. Gerne stehe ich auch für einen Besuch in Ihrer Klasse zur Verfügung.
Selbstverständlich stehe ich für weitere Anliegen oder Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Salomon MdL