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Alexander Hold
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Frage von Erhard J. •

In Deutschland besteht in Gerichtssälen das *Kamera-Verbot*. Sind Sie dafür oder dagegen?

Sehr geehrter Herr Hold,

in vielen Ländern ist es normal, dass Rechtsstreite im Fernsehen übertragen werden.
In Deutschland ist es anders, da müssen die Journalisten die Kameras und die
Mikrofone ausschalten und wir >Fernsehzuschauer und Radiohörer< können
die Prozesse nicht live bzw. direkt verfolgen bzw. beobachten.

Es gibt zwar *Gerichts-Shows* aber dort sind die Verhandlungen nicht
original sondern nur nachgestellt und das ist etwas ganz anderes.

Deutschland hat sich auch noch nicht den europäischen Justizstandards angepasst
und es gilt weiterhin der § 146 GVG. Dieser besagt, dass der Justizminister
gegenüber dem Staatsanwalt weisungsbefugt ist.

Das bedeutet aber auch, dass, wenn der Justizminister eine Straftat (z.B. Falsch-
beurkundung im Amt) begangen hat, das nicht über die Staatsanwaltschaft
aufgeklärt werden kann.

Das heißt in der Folge aber auch, dass ein solches Verfahren
gar nicht erst bei Gericht anhängig gemacht werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Erhard J.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr J.,

Urteilsbegründungen der obersten deutschen Gerichte können inzwischen gefilmt bzw. live übertragen werden Das halte ich für sinnvoll, denn die Justiz soll natürlich insbesondere höchstrichterliche Entscheidungen, die weitreichende Auswirkungen haben, für die Öffentlichkeit verständlich und nachvollziehbar begrünen.

Anders verhält es sich bei der Frage der TV-Übertragung bzw. Aufzeichnung von den übrigen Gerichtsverhandlungen. Die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ist ein wichtiger Faktor und auch eine wirkungsvolle Kontrolle des Handelns der Justiz durch Besucher und Medien. Das ist dadurch gewährleistet, dass bei öffentlichen Verhandlungen jeder Interessierte und alle Medien das Recht auf Zugang haben, um sich selbst ein Bild der Verhandlung zu machen und ungehindert darüber zu berichten.
Aus meiner persönlichen Erfahrung als Richter bzw. Staatsanwalt kann ich jedoch sagen, dass bei laufenden Kameras die große Gefahr besteht, dass Kläger und Beklagte bzw. Angeklagte, aber noch mehr Zeugen und Sachverständige sich nicht unbefangen verhalten. Kameras können zu schüchternem Verhalten bis zu Blockaden führen, aber auch dazu, dass jemand sich besonders produzieren oder den vermeintlichen Erwartungen der Zuschauer entsprechen will. Auch bei den beteiligten Juristen ist nicht auszuschließen, dass Einzelne  die Übertragung nutzen, um durch besonders medienwirksames Auftreten Werbung für sich zu machen.  All das kann die Wahrheitsfindung massiv erschweren. Auch das Gericht selbst sollte sich unbeeinflusst von öffentlichen Erwartungen oder Eitelkeiten auf die Suche nach der Wahrheit und gerechte Lösungen konzentrieren können. Die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ist wie gesagt ein unverzichtbarer und wirkungsvoller Baustein bei der Kontrolle des Handelns der Justiz.
Wahrheitsfindung und gerechte Entscheidungen gelingen jedoch besser ohne laufende Kameras.

 

 

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