Frage an Alexander Funk von Thomas G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Funk,
Mich würde ihre pers. Position zur morgen angesetzen Abstmmung bezüglich weiterer Griechenland Finanzhilfen interesiere,
Nach meiner Ansicht, und die teilen wohl 90% der Focus Leser in einer aktuellen Onlineabstimmung, ist es an der Zeit hier ein Ende mit Schrecken einzuleiten.
Es macht keinen Sinn, dass unsere Land sich schon längere Zeit mit Sparprogrammen abmüht und dort das Geld sinnlos aus dem Fenster geworfen wird.
Es wird wohl auch weiterhin keine Substanz geschaffen!
Die pers. Situation vieler Griechen ist mit Sicherhet nicht einfach. Gegen direkte Hilfsprogramme an die notleidende Bevölkerung ist mit Sicherheit nichts einzuwenden.
MfG
Thomas Graul
Sehr geehrter Herr Graul,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu weiteren Griechenlandhilfen. Im Vorfeld der Abstimmung habe ich folgende Erklärung abgegeben und dementsprechend mit „Nein“ abgestimmt:
"Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands - Antrag des BMF: Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages, der Hellenischen Republik grundsätzlich Stabilitätshilfe in Form eines ESM-Darlehens zu gewähren
Berlin, den 16.07.2015
Der vorliegende Antrag, mit dem die Bundesregierung ermächtigt werden soll, Verhandlungen zur Umsetzung eines dritten Griechenlandpaketes zu führen, ist Nachweis des vollständigen Scheiterns des seit Mai 2010 eingeschlagenen Weges.
Dieses Scheitern ist sowohl ökonomisch, rechtlich als auch europapolitisch offensichtlich und wird selbst von den handelnden und verantwortlichen Akteuren in Griechenland, aber auch in den beteiligten Ländern der Euro-Zone selbst nicht mehr geleugnet.
Ökonomisch hat sich weder die Schuldentragfähigkeit Griechenlands - eigentlich conditio sine qua non - der sogenannten Rettungspakete verbessert, noch zeigen sich deutliche Zeichen einer nachhaltigen Konsolidierung der griechischen Volkswirtschaft. Wie schon im Mai 2010 ist festzustellen: Griechenland ist nicht vorübergehend illiquide, sondern insolvent. Trotz verbesserter Kreditkonditionen, den Entlastungswirkungen des PSI-Schuldenschnitts und den Stützungsmaßnahmen übertrifft die griechische Staatsverschuldung mit 320 Mrd. Euro das Bruttoinlandsprodukt um über 175 %. 5 Jahre nach Beginn der Bürgschaftspolitik sind die Hälfte aller jungen Griechen arbeitslos, die klein- und mittelständisch geprägte griechische Wirtschaft ist nach wie vor nicht wettbewerbsfähig und der griechische Bankensektor nur durch die zum dauerhaften Transferinstrument gewordenen ‚Not‘-Kredite (ELA) der EZB zu stabilisieren.
Schon 2011 vor der Beschlussfassung zu neuerlichen Griechenland-Bürgschaften stellte die Troika aus EZB, KOM und IWF „deutliche politische Risiken sowie Probleme hinsichtlich der Verwaltungskapazität“ fest und konstatierte, dass die „Umsetzung der Reformen in den letzten Quartalen zum Stillstand“ gekommen ist.
Ich stelle - auch vor dem Hintergrund der vom griechischen Parlament gegen die erklärte Überzeugung der Regierung Tsipras und gegen eine klare Mehrheit des griechischen Volkes
beschlossenen Vorableistungen - fest: Aus den 2011 genannten Quartalen sind Jahre geworden, in denen unter Zustimmung und Billigung der Kontrollinstanzen immer weitere Kredittranchen bewilligt worden sind, ohne dass substantielle Konsolidierungs- und Reformfortschritte vorliegen. Um nichts anderes als um ein Mandat zur Verlängerung dieses ür Griechenland und für Europa grundfalschen Weges ersucht die Bundesregierung.
Die Strategie der ‚strikten Konditionalität‘ war in ihrem Anfang zu optimistisch, in ihrer wirklichkeitsblinden bedingungslosen Fortsetzung naiv. Sie wird nun an ihrem Ende zur Farce, bei der die eine Seite vorgibt, jetzt zu reformieren und die andere Seite vorgibt, dies auch zu glauben.
Rechtlich hat die bisherige Politik eine Kaskade von höchst bedenklichen Umgehungen der Vereinbarungen ausgelöst, die unser gemeinsames Handeln als Euro-Mitglieder fundamental prägen: Der Aushebelung des Bail-Out-Verbotes nach AEUV Art.125, das die Schuldenhaftung für andere Mitgliedsländer verbot folgte die Überdehnung des EZB-Mandats, die durch den Ankauf von Staatspapieren zum Financier der Krisenländer geworden ist.
Ich stelle weiterhin fest, dass selbst die im Zuge dieser verfehlten Politik vertraglich kodifizierten Verfahren bei Bedarf umgangen oder schlichtweg ignoriert werden: Von einer Gefährdung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes und seiner Mitgliedsstaaten insgesamt, die Bedingung für Anträge beim ESM ist, kann ebenso wenig gesprochen werden wie von der Tragfähigkeit der griechischen Schuldenlast.
Unser gemeinsames europäisches Projekt droht im Zuge des eingeschlagenen Weges nachhaltige und irreparable Schäden zu nehmen. Aus Partnern und Freunden mit gemeinsamen Zielen und Werten drohen Konkurrenten und Antagonisten zu werden. Unserem Land und seinen Akteuren wird dabei die Rolle des Zuchtmeisters, Besserwissers oder gar Erpressers inzwischen sogar von offizieller Seite aus zugewiesen. Dies sagt nicht nur viel über die handelnden Akteure und die Ernsthaftigkeit ihrer Zusagen aus, sondern wirft ein erschreckendes Schlaglicht auf den Zustand unseres heutigen Europas. Diese Entwicklung ist direkte Folge des eingeschlagenen Weges und wird sich nach meiner festen Überzeugung immer weiter verschärfen. Die Schmähung Deutschlands und seiner Entscheidungsträger wird künftig zum Grundtenor der Europapolitik, die sich auf verbindliche Zusagen beruft.
Nur eine Rückkehr zu geltendem Recht und zu den geltenden EU-Verträgen kann mittel- und langfristig für eine Rückkehr des Vertrauens untereinander, aber auch für eine Rückkehr des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa in die Sinnhaftigkeit und Zukunftsfähigkeit der europäischen Zusammenarbeit führen.
Ich lehne es daher ab, die Bundesregierung zu ermächtigen, Verhandlungen über die Aufnahme Griechenlands in das ESM-Programm zu führen."
Mit freundlichen Grüßen,
Alex Funk