Frage an Alexander Dobrindt von Stefan F. bezüglich Finanzen
Geehrter Herr Dobrindt,
das Konjunkturpaket über 50 Mrd soll insbesondere auch den Kommunen zugute kommen.
Was machen Sie, damit substantielle Teile den Gemeinden ihres Wahlkreises zufließen? Bitte nennen Sie konkrete Größenordnungen und die Namen der Gemeinden bzw entsprechende begünstigter Projekte.
Grüße
Forstner
Sehr geehrter Herr Forstner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Konjunkturpaket II. Für Bayern geht es insgesamt um 1,9 Milliarden Euro einschließlich der 25 Prozent Kofinanzierungsmittel des Freistaates. Von den rund 1,9 Milliarden Euro werden 65 Prozent, das heißt gut 1,2 Milliarden Euro für den Schwerpunktbereich Bildung ausgegeben, also für Kindergärten, Schulen, Hochschulen und für die Forschung. Der Rest von gut 660 Millionen Euro entfällt auf die Modernisierung der Infrastruktur vom Krankenhaus über den Lärmschutz an kommunalen Straßen bis hin zu Dorferneuerung und Städtebau.
Folgende Vergabekriterien sind zu berücksichtigen: Erstens: Es können ausschließlich zusätzliche Maßnahmen gefördert werden. Nur so wird der jetzt unbedingt notwendigen Wachstumsimpuls erreicht. Zweitens: Neben der positiven kurzfristigen Konjunkturwirkung müssen die Investitionen die Zukunftsfähigkeit des Landes langfristig steigern und kostspielige Folgekosten vermeiden. Drittens: Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, kann auf eine Kofinanzierung durch die jeweiligen Kommunen nicht verzichtet werden. Dieser Anteil soll aber flexibel, je nach Programm und Maßnahme, festgelegt werden. Viertens: Alle Maßnahmen und Projekte müssen zuverlässig 2009 bis 2011 realisierbar sein. Weitere Details befinden sich aktuell in der Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern. Ab Anfang Februar 2009 werden die Länder Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden führen und die weitere Umsetzung gemeinsam beraten.
Die weiteren Maßnahmen des Konjunkturpakets sind im Einzelnen: Steuersenkungen: Bei der Lohn- und Einkommensteuer werden die Bürgerinnen und Bürger in Höhe von 9 Mrd. € in den Jahren 2009 und 2010 entlastet.
- Der steuerfreie Grundfreibetrag steigt rückwirkend zum 01.01.2009 um 170 € auf 7.834 € und ab 01.01.2010 auf 8.004 €.
- Der Eingangssteuersatz sinkt rückwirkend zum 01.01.2009 von 15% auf 14%.
- Die sogenannte "kalte Progression" wird abgemildert. Damit Lohnzuwächse künftig nicht mehr so stark steuerlich belastet werden, werden die Eckwerte der Tarifkurve in zwei Stufen nach oben verschoben: Rückwirkend zum 01.01.2009 um 400 € und zum 01.01.2010 nochmals um 330 €.
Familien und Arbeitnehmer werden außerdem bereits ab 2009 durch die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages sowie durch die Wiedergewährung der "Pendlerpauschale" und ab 2010 durch die Abzugsfähigkeit der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entlastet.
Abgabensenkungen:
Auch die Entlastung bei den Abgaben beträgt 9 Mrd € in den Jahren 2009 und 2010. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird zum 01.07.2009 von 15,5% auf 14,9% gesenkt, den durchschnittlichen Beitragssatz vor dem Start des Gesundheitsfonds. Von den niedrigeren Krankenversicherungsbeiträgen profitieren auch die Rentner. Der Bundeszuschuss zur GKV wird mit Wirkung zum 01.07.2009 um 3 Mrd € und für das Jahr 2010 um 6 Mrd € erhöht.
Familien- und kinderbezogene Leistungen:
- Für jedes Kind wird ein einmaliger Bonus von 100 € gezahlt.
- Hartz IV- und Sozialhilfe-Empfänger bekommen für Kinder im Alter zwischen 6 Jahren und 13 Jahren ab 01.07.2009 im Monat rund 35 € mehr.
Innovationsförderung:
Um den in der Wirtschaftskrise gewachsenen Finanzierungsbedarf für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Mittelstandes zu decken, wird das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) um 450 Mio € pro Jahr aufgestockt. In den Jahren 2009 und 2010 werden auch einzelbetriebliche FuE-Vorhaben von westdeutschen Unternehmen und größere Unternehmen bis 1.000 Beschäftigte in Ost- und Westdeutschland gefördert.
Förderung anwendungsorientierter Forschung im Bereich Mobilität: Für die Jahre 2009 und 2010 werden zusätzlich zusammen 500 Mio € über Förderprogramme und KfW-Kredite eingesetzt, die für Hybridantrieb, Brennstoffzell- oder Speichertechnologien verwendet werden können.
Beschleunigung von Investitionen:
Zur beschleunigten Umsetzung von Investitionen wird das Vergaberecht vereinfacht. Befristet auf zwei Jahre werden Schwellenwerte für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige Vergaben (jeweils ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb) mit folgender Höhe eingeführt.
- Für Bauleistungen: Beschränkte Ausschreibung 1 Mio €, Freihändige Vergabe 100.000 €
- Für Dienst- und Lieferleistungen: Beschränkte Ausschreibung und Freihändige Vergabe 100.000 €
Außerdem wurde vereinbart:
- Unterhalb dieser Schwellenwerte kann die Vergabestelle ohne Nachweis eines Ausnahmetatbestandes Beschränkte Ausschreibungen oder Freihändige Vergaben durchführen.
- Das BMWi und BMVBS sollen befristet auf zwei Jahre die Vergabefristen nach den Vorschriften der VOL und VOB verkürzen.
- Die Kostengrenzen für "kleine Baumaßnahmen" des Bundes sowie Zuwendungsbaumaßnahmen, unterhalb derer ein vereinfachtes Verfahren möglich ist, werden für zwei Jahre von 1 Mio € auf 5 Mio € angehoben.
Schutzschirm:
Der mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz eingeschlagene Weg zur Sicherung der Kreditversorgung des Wirtschaftslebens wird fortgesetzt. Gesunden Unternehmen, die von den Banken wegen der Finanzkrise kein frisches Geld bekommen, muss geholfen werden. Es wurde vereinbart:
- Die Bedingungen des mittelstandsorientierten KfW-Sonderprogramms 2009 werden flexibilisiert. So wird die Finanzierung von Projekten und Betriebsmitteln verbessert. Analog zum KfW-Sonderprogramm 2009 wird ein Kreditprogramm für größere Unternehmen aufgelegt.
- Das bestehende inländische Bürgschaftsinstrumentarium zur Sicherung der Kreditversorgung von Unternehmen wird besser genutzt und ausgeweitet. Zusätzlich werden neue Bürgschaftsinstrumente zur Stützung der Unternehmensfremdfinanzierung geschaffen, um insbesondere die Finanzierungssituation von Kreditversicherern, Leasinggesellschaften und Factoring-Gesellschaften zu verbessern.
- Die bundesgedeckte Exportfinanzierung wird erweitert. Über das bereits laufende Sonderprogramm der KfW (15 Mrd €) für den Mittelstand hinaus wird mit diesen Maßnahmen ein Bürgschaftsvolumen in Höhe von 100 Mrd € zur Verfügung stehen.
Beschäftigungssicherung:
- Den Arbeitgebern werden in den Jahren 2009 und 2010 bei Kurzarbeit die von ihnen allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge hälftig durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet.
- Für Zeiten der Qualifizierung während der Kurzarbeit können den Arbeitgebern auf Antrag die vollen Sozialversicherungsbeiträge erstattet werden.
- Die Antragstellung und das Verfahren werden vereinfacht.
- Der gesetzliche Beitragssatz zur Arbeitsförderung wird bei 2,8% stabilisiert. Dafür wird eine Ausgleichsverpflichtung des Bundeshaushalts gesetzlich festgelegt.
- Für die Jahre 2009 und 2010 werden zusätzliche Mittel für Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Verfügung gestellt € vom Bund 1,2 Mrd € und 770 Mio € von der Bundesagentur. Sie sollen insbesondere eingesetzt werden für Arbeitnehmer über 25, die über keinen Berufsabschluss verfügen, für Jugendliche, die schon lange vergeblich eine Lehrstelle suchen, und für den Ausbau von Betreuung und Pflege.
- Zur Qualifizierung von Beschäftigten wird das Programm WeGebAu über ungelernte Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen hinaus geöffnet und um 200 Mio € pro Jahr aufgestockt.
- Die für Deutschland zur Verfügung stehenden Mittel des Europäischen Sozialfonds für die Förderung von Qualifizierung während Kurzarbeit und zur Förderung von Projekten zur Beratung von Unternehmen zur Beschäftigungssicherung werden für die Jahre 2009 und 2010 um insgesamt 200 Mio € aufgestockt.
- Für die Wiedereinstellung von Arbeitnehmern in der Leiharbeit werden aus dem Haushalt der Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2009 und 2010 Zuschüsse zur Qualifizierung zur Verfügung gestellt. Für die Zeitarbeit soll im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Lohnuntergrenze ermöglicht werden, die die Tarifautonomie wahrt.
Umweltprämie und Neuregelung Kfz-Steuer:
Zur Unterstützung der Autoindustrie und gleichzeitig zur Stärkung des Umweltschutzes werden 1,5 Mrd € für eine Umweltprämie zur Verfügung gestellt. Wer ein mindestens neun Jahre altes Fahrzeug abmeldet und noch in diesem Jahr einen Neuwagen kauft, erhält 2.500 €. Zum 01.07.2009 soll die gegenwärtige Kfz-Steuer auf eine emissionsbezogene Kfz-Steuer umgestellt werden. Folgende Eckpunkte wurden vereinbart:
- Linearer, an der CO2-Emission orientierter Tarif (Steuersatz 2 € je g/km),
- CO2-Freibetrag: Eine Basismenge vom CO2-Ausstoß soll steuerfrei sein
(2010 und 2011: 120 g/km / 2012 und 2013: 110 g/km / ab 2014: 95 g/km),
- Steuer-Sockelbetrag als Mindestbesteuerung,
- Der Altbestand (Zulassung vor dem 05.11.2008) wird nach einer Übergangszeit ab 2013 schonend in die CO2-Besteuerung überführt. Über den Umfang der Besteuerung des Altbestands ab 2013 wird später entschieden.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Dobrindt MdB