Frage an Alexander Bonde von Miguel T. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bonde,
ich wende mich an Sie als Fraktionssprecher für Haushaltspolitik.
Wie viele andere bin ich beunruhigt über die Finanzsituation unseres Gemeinwesens.
Die "Schuldenuhr" des Bundes der Steuerzahler weist momentan 4.400 Euro Schuldenzuwachs pro Sekunde aus. Aber wirklich erschreckend und im öffentlichen Bewusstsein noch nicht so präsent ist die Relation zu den Zinsen: die Hälfte dieser Summe muss für Zinszahlungen verwendet werden. Teilen Sie die Einschätzung, dass diese Entwicklung zur Handlungsunfähigkeit der Politik führt, wenn nichts dagegen unternommen wird? Was sagen Sie als Mitglied der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen dazu?
Wir sitzen auf einem Pulverfass oder besser einer Zeitbombe, wie es die Seite www.zeitbombe-net.de auf den Punkt bringt. Auch hinsichtlich der Wahlentscheidung im September wüsste ich gerne Konkretes zur Position der Grünen: Haben Sie Ideen, die Zeitbombe zu entschärfen?
Welche Politik schafft den Spagat zwischen
- weiterer Neuverschuldung und Einnahmeausfällen im wirtschaftlichen Abschwung und
- notwendigen Investitionen in die Zukunft, z.B. Bildung, Infrastruktur, Umwelt, soziale Gerechtigkeit?
mit besten Grüßen
Miguel Tamayo
Sehr geehrter Herr Tamayo,
haben Sie Dank für Ihre Frage über www.abgeordnetenwatch.de.
Auch ich bin sehr beunruhigt über die Finanzsituation des Bundes. Wir werden dieses Jahr ein Rekorddefizit verzeichnen, die Neuverschuldung wird fast 100 Milliarden Euro betragen. Bei der Bankenrettung stecken hohe Risiken, die bisher nicht beziffert werden können. Auch die Sozialsysteme werden durch die zunehmende Arbeitslosigkeit in der Krise finanziell in Bedrängnis kommen. Bei der Bundesagentur für Arbeit und beim von Anfang an verkorksten Gesundheitsfonds sehe ich weitere Risiken in Milliardenhöhe.
Von daher ist es dringend notwendig, dass ein Umdenken stattfindet. Wir brauchen eine nachhaltige Haushaltspolitik, die langfristig ohne Verschuldung auskommt. Wir wollen den kommenden Generationen einen finanz-, sozial- und gesellschaftspolitischen Gestaltungsspielraum vererben. Eine erdrückende Staatstätigkeit sowie milliardenschwere Schuldenlasten nehmen unseren Kindern jede Möglichkeit, in der Zukunft eigene politische Akzente zu setzen. Deshalb wollen wir die Weichen umstellen. Mit der Grünen Schuldenbremse können wir dies erreichen: Ausgaben und Einnahmen müssen sich langfristig ausgleichen. Die Höhe der Ausgaben wird also an die Entwicklung der Einnahmen gekoppelt. Es ist aber gleichzeitig sicherzustellen, dass diese Ausgabenregel nicht zu konjunkturellen Verwerfungen führt. Dies bedeutet: Im Konjunkturabschwung dürfen die Ausgaben höher sein als die Einnahmen. Auf der anderen Seite müssen aber in Phasen konjunktureller Belebung Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet werden. Die Große Koalition hat die Chance verpasst, in den Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs, den wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, die Wende zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik zu schaffen. Statt eine wirksame Konsolidierung zu erreichen, sind die immensen zusätzlichen Steuereinnahmen in immer neue Ausgabenprogramme gebuttert worden. Das war der falsche Weg, der jetzt in der Krise die Staatsfinanzen zusätzlich belastet.
Mit einer Neuausrichtung unserer Haushalts- und Finanzpolitik, die die erlaubten Ausgaben an die Entwicklung der Einnahmen bindet, kann die Verschuldung wirksam begrenzt werden. Wenn in konjunkturell guten Zeiten Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet werden und in schlechteren Zeiten antizyklisch wirkende Haushaltsdefizite zulässig sind, dann ergeben sich - über einen Konjunkturzyklus betrachtet - ausgeglichene Haushalte. So entstehen auch Spielräume für notwendige Investitionen. Wir wollen damit aber keine Strohfeuer entfachen, wie es die Große Koalition z. B. mit der Abwrackprämie macht, sondern auch die Investitionen nachhaltig ausrichten. Nachhaltige Investitionen sichern die Wettbewerbsfähigkeit und schaffen bleibende Werte. Gerade jetzt in der Krise können sinnvolle Investitionen, die heute getätigt werden sinnvoll sein, wenn sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von morgen steigern. Unsere Prioritäten liegen in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Bildung und (globaler) Gerechtigkeit. In diesen Bereichen können wir eine Zukunftsrendite erzielen, die unser Land wirklich voranbringt.
Weitere Informationen zu grüner Haushaltspolitik finden Sie auf http://alex-bonde.de/themen/haushaltspolitik.html
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Bonde