Frage an Alexander Bonde von Caroline H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bonde,
im Gemeinschaftskundeunterricht der 12. Klasse am Max-Planck-Gymnasium in Lahr haben wir über verschiedene Demokratieformen diskutiert. Das Beispiel der Schweiz mit seiner direkten Demokratie hat uns zum Nachdenken angeregt: Wären Volksbegehren auch in Deutschland sinnvoll?
In einer lebhaften Diskussion erörterten wir dieses Thema ausführlich, wobei zahlreiche und verschiedene Meinungen zu Tage kamen.
Ich persönlich würde eine Pilot-Phase von vielleicht zwei Jahren befürworten. Denn das Angebot, als Bürger auch über Sachfragen entscheiden zu dürfen ist natürlich verlockend, doch ich denke viele Menschen sind sich nicht bewusst, was so ein Verfahren noch bedeutet. Deshalb fände ich es gut, das Volksbegehren mal für zwei Jahre auszuprobieren und danach über eine endgültige Verfassungsänderung zu diskutieren.
Uns als Gemeinschaftskundekurs würde jetzt natürlich Ihre Meinung zu diesem Thema interessieren.
Über eine Stellungnahme Ihrerseits würden wir uns sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Caroline Hilß
und der Geschichtskurs von Herrn Tröndle
Sehr geehrte Frau Hilß, sehr geehrter Herr Tröndle,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Volksbegehren.
Volksbegehren und Volksentscheide gibt es heute schon in allen Bundesländern und auch in Baden-Württemberg. Demokratie lebt vom Mitmachen, vom Mitgestalten. Die immer geringer werdende Wahlbeteiligung tut unserer Demokratie nicht gut. Deshalb brauchen wir einen Ausgleich durch eine direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der politischen Willensbildung. Dass dies gut funktioniert zeigt das von Ihnen erwähnte Beispiel unseres Nachbarlandes Schweiz, aber auch andere Staaten machen sehr gute Erfahrungen mit direkter Demokratie (z.B. die USA).
Wir Grünen wollen Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene einführen. Wir haben unsere Vorstellungen in einem Gesetzesentwurf zusammengefasst und schon mehrfach in den Bundestag eingebracht, so auch in dieser Wahlperiode. Unter folgendem Link können Sie sich den Gesetzesentwurf gerne herunterladen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/006/1600680.pdf
Eine Probephase für Mehr Demokratie, wie von Ihnen angeregt, wäre möglich, aber ich denke es gibt noch bessere Instrumente, um etwa Mißbrauch vorzubeugen. Eine Zeit der Gewöhnung braucht es vielleicht gar nicht, weil wie gesagt alle Bundesländer schon jetzt Volksentscheide durchführen können. Wichtig ist aber, dass es Zugangshürden gibt. Nicht jede Interessengruppe darf ihre besonderen Themen der Allgemeinheit zur Entscheidung vorschlagen. Erst wenn genügend Wählerinnen und Wähler einen Vorstoß unterstützen (Quorum) sollte eine allgemeine Abstimmung einberufen werden. Auch darf es keine Abstimmungen über die Abschaffung der Demokratie, der Grundrechte oder für die Einführung der Todesstrafe geben. Wir haben das alles bedacht und versuchen die anderen Parteien von unseren Vorstellungen zu überzeugen. Vier von Fünf Fraktionen im Bundestag unterstützen prinzipiell unsere Haltung. Wir hoffen am Ende, die für eine Änderung des Grundgesetzes notwendige Mehrheit zu bekommen, damit über Themen, die die Menschen unmittelbar berühren auch direkt und nicht nur alle vier Jahre indirekt abgestimmt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Bonde MdB