Frage an Alexander Bonde von Marlene W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bonde!
Mit welchen konkreten Maßnahmen würden sie dafür Sorge tragen, dass die Kosten der Bankenrettung von den Verursachern (Banken, Investmentbanken, Zweckgesellschaften, Ratingagenturen etc.)erstattet und nicht der Allgemeinheit aufgelastet werden? Welche Gesetze/Verträge sind vorgesehen, dass die Unterstützungen zurückgezahlt werden; wie werden die reichen Kapitalbesitzer beteiligt, die vorher ja hohe Renditen eingesteckt haben. Oder planen sie eher eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder Kürzung der Ausgaben im Sozialbereich?
Worin liegen nach ihrer Meinung die Ursachen des Crashs.
Für welche Maßnahmen haben Sie sich eingesetzt - nach den akuten Notfallrettungen - um eine ähnliche Krise in der (nächsten) Zukunft zu vermeiden.
Freundliche Grüße
Marlene Werfl
Sehr geehrte Frau Werfl,
Sie sprechen eine sehr zentrale Frage an. Meiner Ansicht nach liegen die Ursachen der Finanzkrise, dass ausgehend von den USA individuell und gesamtstaatlich permanent
über die eigenen Verhältnisse gelebt wurde. Diese schuldenfinanzierte Ankurbelung der
Nachfrage ist zusammengebrochen. Verschärft wurde die Krise durch Fehler in der Finanzaufsicht (nicht zuletzt in Deutschland), durch Kredithebelgeschäfte mit unverantwortlichen Risiken, die u. a. auch Landesbanken in Deutschland, die nach Wegfall der Gewährträgerhaftung keine erfolgversprechenden Geschäftsmodelle hatten, mitmachten.
Zur Frage der Bankenrettung: Die Große Koalition ist bei der Bankenrettung entgegen unserer Warnungen der Logik der Banken gefolgt. Statt einer verpflichtenden Eigenkapitalaufnahme, durch die der Bund bei angeschlagenen Banken zumindest eine Teilmitsprache bekommen hätte, haben Schwarz Rot auf eine freiwillige Teilnahme der Banken gesetzt. Unsere konkreten Pläne zur Bankenrettung, die wir vergangenen Herbst im Deutschen Bundestag eingebracht haben, finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/106/1610662.pdf
Auch beim Bad Bank Konzept der Bundesregierung sehen wir eine falsche Strategie. Wieder setzt die Große Koalition auf Freiwilligkeit bei der Mitwirkung der Banken. Unsere Alternative finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/136/1613695.pdf.
Um die Finanzierung der Krisenbewältigung schultern zu können, wollen wir eine einmalige Vermögensabgabe nach Artikel 106 des Grundgesetzes einführen, um die Folgekosten der Wirtschaftskrise zu bewältigen. Auch die Erbschaftsteuer ist für uns eine Gerechtigkeitssteuer. Wir wollen ihr Aufkommen erhöhen und für mehr Bildung einsetzen. Bei der Einkommensteuer wollen wir durch lineare Verlängerung des Tarifs den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent steigern und kleine Einkommen durch Anhebung des Grundfreibetrages auf 8.500 Euro entlasten. So erreichen wir, dass künftig starke Schultern mehr tragen und schwache Schultern entlastet werden.
Es sind vielfältige Maßnahmen notwendig, um eine solche, tiefgreifende Krise in Zukunft zu verhindern. Die Finanzmarktaufsicht muss unabhängiger werden von der Branche, die sie beaufsichtigt. Sie muss häufiger bereits vor dem Eintreten einer Krise handeln. Und sie muss schlagkräftiger als bisher sein. Risiken im Bankensektor müssen besser wahrgenommen werden. Daher müssen auch (ausgegliederte) Zweckgesellschaften in Basel II und damit in die Finanzaufsicht eingebunden werden. Öffentliche Banken sollen eine Vorreiterrolle bei innovativen und politisch geförderten Ansätzen z.B. bei neuen Formen der Mittelstandsfinanzierung, nachhaltigem Investment oder Klimaschutz einnehmen. Wir sind für eine Fusion der Landesbanken. In diesem Prozess sollen sie ihr Aufgabengebiet straffen.
Weil den Informationen am Kapitalmarkt eine bedeutende Stellung zukommt, wollen wir eine zivilrechtliche Haftung derjenigen Manager, die für Inhalt und Verbreitung der Informationen verantwortlich sind. Große und wichtige Finanzinstitutionen wie Hedgefonds, Beteiligungsgesellschaften oder die Zweckgesellschaften der Banken unterliegen nicht der Finanzmarktaufsicht. Daher fordern wir eine Internationale Registrierungspflicht für Hedgefonds und direkte Regulierungen, zum Beispiel Vorschriften zur Risikostreuung und eine Einschränkung der Kreditfinanzierung. Stabile und leistungsfähige Finanzmärkte sind unverzichtbare Voraussetzung für den Wandel hin zur Grünen Marktwirtschaft. Deswegen brauchen wir bessere Regeln als bisher. Eine parlamentarische Initiative meiner Fraktion finden Sie hier: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/16/114/1611441.pdf
Weitere Informationen zu meinen Positionen zur Finanzmarktkrise finden Sie auf meiner Homepage: http://alex-bonde.de/themen/haushaltspolitik/finanzkrise.html
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Bonde