Frage an Alexander Bonde von Hermann A. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Bonde,
wie stehen Sie zu dem momentanen Gesetzesentwurf für die Sperrung von Internetseiten bezüglich kinderpornografischen Inhalt?
Sollten ihrer Auffassung nach, noch Punkte geändert werden? Falls ja, welche und wie?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Allgaier
Sehr geehrter Herr Allgaier,
Kinderpornografie ist ein schwerwiegendes Verbrechen, das konsequent verfolgt und bestraft werden muss. Den Gesetzentwurf der Bundesregierung sehe ich mit großer Skepsis. Anstatt endlich konsequent und tatsächlich wirkungsvoll gegen Kinderpornografie vorzugehen, betritt die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf das Feld der Symbolpolitik. Dadurch wird kein einziger Inhalt entfernt, kein Missbrauch verhindert. Es wird lediglich ein Signal des politischen Willens gezeigt, das aber ins Leere läuft. Dieses Vorgehen hilft Missbrauchsopfern leider herzlich wenig.
Gleichzeitig ist der Weg der Bundesregierung bedenklich, da er geeignet ist, weitere Eingriffe in die Freiheits- und Bürgerrechte vorzunehmen. Die Legitimation zur Sperrung von Internetseiten soll über eine Änderung des Telemediengesetzes erfolgen, was rechtlich höchst umstritten ist. Es stattet das Bundeskriminalamt mit Kompetenzen aus, die über ihre eigentlichen Aufgaben hinausgehen. Dies lehne ich ab. Dass jetzt auch noch Informationen, die über die Stopp-Seite generiert werden, zu Ermittlungszwecken an das Bundeskriminalamt weitergegeben werden dürfen, ist im Sinne des Datenschutzes nicht hinnehmbar und kann reihenweise Unschuldige in Verdacht bringen. Mit dem neuen Gesetzesvorhaben soll das Bundeskriminalamt (BKA) - ohne jede Änderung des BKA-Gesetzes - zudem ganz nebenbei erweiterte Befugnisse bekommen. Es schafft eine ständige Beschlagnahmemöglichkeit für die Polizei ohne richterliche Kontrolle. Das passt nicht in unser Rechtssystem. Einen Satz im Gesetzentwurf zeigt das ganze Dilemma auf. "Die Ausgestaltung (gemeint ist die Umleitung der Nutzeranfragen) bestimmt das Bundeskriminalamt." Das Bundeskriminalamt ist eine Behörde, die dem Bundesinnenminister untersteht. Es besteht die Gefahr, dass hier das BKA Richter und Polizei in einem wird und sich seine Rechtgrundlagen auch noch selbst schafft. Wer ist der Gesetzgeber, das BKA oder der Deutsche Bundestag?
Zudem ist es mehr als problematisch, wenn nicht nur Seiten gesperrt werden sollen, die direkt kinderpornografische Inhalte anbieten, sondern auch andere mit Verweisen. Die Sorge der Kritiker der Gesetzesinitiative, dass damit bewusst auch Seiten gesperrt werden könnten, die gar keine Kinderpornografie verbreiten, ist berechtigt.
Wirkliche Bekämpfung von Kinderpornografie sieht dagegen anders aus: Die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung in internationaler Zusammenarbeit gehören dazu. Dafür bedarf es einer besseren personellen und organisatorischen Ausstattung der zuständigen Behörden sowie der Bereitschaft zu international verbindlichen Vereinbarungen. Außerdem sind Aufklärung in der Sozialarbeit, in Bildungseinrichtungen und in der Familienbetreuung sowie zusätzliche Betreuungsangebote für Betroffene notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Bonde