Frage an Alexander Alvaro von Thomas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Alvaro
Am Dienstag steht die Abstimmung über das EU-Telekom-Paket auf der Tagesordnung des EU-Parlaments. Sie werden auf Tagesschau.de ( http://www.tagesschau.de/ausland/eu102.html ) mit den Worten erwähnt, dass "User nicht in allen Fällen technisch über die IP-Nummern identifizierbar sind. Er plädiert deshalb dafür, weniger strenge Regeln anzusetzen."
Können Sie mir diesen Sachverhalt erläutern?
So wie ich die Praxis der ISP verstehe, bekommt ein User vom Provider für (meistens) 24h eine eindeutige IP-Adresse. Diese wird von manchen Providern für 9 Tage, von manchen gar nicht, von wiederum anderen für einen noch längeren Zeitraum gespeichert.
Wieso plädieren Sie dafür, die bisherige Formulierung (IP-Adressen sind persönliche Daten) aufzuweichen?
mit freundlichen Grüßen
Thomas Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
ich danke Ihne für Ihre Frage.
Zutreffend haben Sie meine Äußerung in der Tagesschau zitiert, dass der einzelne User nicht zwingend über eine erfasste IP-Adresse identifizierbar ist.
Lassen Sie mich Ihnen hierzu zwei Beispiele geben:
Da ich kein Fachmann für IT-Technik bin, sehen Sie mir bitte nach, wenn die Sachverhalte technisch verkürzt sind.
1. Gehen Sie davon aus, dass Sie in Berlin einen Hot-Spot nutzen, um drahtlos im Internet zu surfen. Der Router des Hot-Spots wird Ihnen bei Einwahl eine Sub-IP-Adresse zuordnen, um Sie/Ihren Laptop zu erkennen und Ihre Vorgänge abwickeln zu können. Der Router des Hot-Spots jedoch bedarf auch einer IP-Adresse, wenn er den Zugang zum Internet erfolgreich herstellen möchte. Die IP-Adresses des Hot-Spot-Routers ist die IP-Adresse, die dann letztendlich bei dem jeweiligen Internet Service Provider (ISP) auftaucht. Der ISP erkennt jedoch nicht die an Sie vergebene Sub-IP, sondern stellt nur fest, dass der entsprechende Router des Hot-Spots sich zu diesem Zeitpunkt eingewählt hat. Die IP-Adresse des Hot-Spot-Routers lässt daher keinerlei Rückschlüsse auf die jeweiligen Nutzer des Hot-Spots zu, sondern gilt gleichermaßen für alle Nutzer des Hot-Spots. Eine Zuordnung zu einem individuellen Nutzer ist nicht möglich.
2. Dieses Beispiel ist etwas profaner als das vorangegangene und sicher (noch) nicht geläufige Realität. Nehmen Sie aber nun an, dass Sie einen der inzwischen erhältlichen High-Tech Kühlschränke erworben haben, die in der Lage sind eine Verbindung ins Internet herzustellen (fragen Sie mich bitte nicht, welchen Nutzen das haben soll, möglich ist es zumindest). Natürlich bekommt auch ihr neuer Kühlschrank eine IP-Adresse zugewiesen, wenn er die Verbindung zum Internet herstellt. Es stellt sich dann die Frage: Ist die IP-Adresse ihres Kühlschrankes ein persönliches Datum? Ich denke nicht.
Entscheidend ist, dass das Datenschutzrecht das Individuum vor dem Missbrauch seiner persönlichen Daten schützt und weiterhin schützen muss. Ich habe den Denkansatz eingebracht, dass IP-Adressen nicht in jedem Falle persönliche Daten sein müssen und die Frage gestellt, wie wir in Zukunft damit umgehen sollen. Daher ist die Europäische Kommission nun aufgefordert worden, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten, eine Studie vorzulegen, wie IP-Adressen zukünftig im Rahmen des Datenschutzes einzuordnen sind und ob die allgemeine Auffassung, dass IP-Adressen immer und grundsätzlich als persönliche Daten behandelt werden zutreffend ist.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage weitestgehend zufriedenstellend beantwortet habe.
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Alvaro