Frage an Alexander Alvaro von Frank H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Alvaro!
Die an Sie gerichteten Anfragen haben Sie bisher sehr ausführlich und ehrlich beantwortet . Dies ermutigt mich, Ihnen mein Anliegen vorzutragen. Als Jurist können Sie mir vielleicht weiterhelfen.
Der Fall:
Ich bin nichtehelicher Vater einer zweijährigen Tochter. Von Anfang an wollte ich die gemeinsame Sorge. Die Mutter stimmte nicht zu, da ein Rechtsanwalt ihr dazu abriet. Seine Begründung war in etwa: "Solltet Ihr Euch trennen, hast Du mit der gemeinsamen Sorge nur Ärger." Auch das Jugendamt ist seiner Aufklärungspflicht für nichteheliche Eltern in keinster Weise nachgekommen. Die Broschüre vom Familienministerium dazu war der Sachbearbeiterin völlig unbekannt!
Sie wissen, dass ich in Deutschland ohne Zustimmung der Mutter keinen Rechtsanspruch auf gemeinsame Sorge habe. Das verhindert das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 29.01.03. Ohne gemeinsames Sorgerecht jedoch fehlt die Fürsorge eines Elternteils, dies bedeutet eine inakzeptable Einschränkung des Kindeswohles, v.a. bei Vernachlässigung durch den betreuenden Elternteil. Das ist eine Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder gegenüber ehelichen Kindern: Eheliche Kinder sind der elterlichen Sorge ihrer Väter anheimgestellt, uneheliche Kinder grundsätzlich nicht.
Meine Fragen dazu:
1. Ist Deutschland in Sachen gemeinsames Sorgerecht für nichteheliche Eltern in Europa schon isoliert? Oder gibt es noch Länder, die ähnlich verfahren wie Deutschland?
2. Gibt es für mich die Möglichkeit über die europäische Rechtsprechung die gemeinsame Sorge zu beantragen?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Holzer
Sehr geehrter Herr Holzer,
vielen Dank für die Anfrage und für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Das von Ihnen angesprochene Thema wird gegenwärtig vielfach diskutiert. Ihr Ersuchen, das Sorgerecht für Ihre Tochter zu erlangen, kann ich gut nachvollziehen.
Die FDP tritt für eine Anpassung des Familienrechts an die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Das Kindeswohl ist hierbei Maßstab der familienrechtlichen Änderungen.
Die FDP hat Fragen des Sorgerechts nichtehelicher Väter konstant parlamentarisch aufgearbeitet und geprüft. Hinsichtlich des Wunschs vieler Väter, Kontakt zu ihrem Kind zu haben, tritt die FDP für eine Stärkung der Väter ein. Auch unterstützt die FDP die Förderung der Bereitschaft von Vätern, Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen.
Leider ist die Situation in Deutschland nicht so wie in vielen anderen europäischen Mitgliedstaaten, wie Frankreich, Großbritannien, Italien, Belgien oder Luxemburg. Unsere Nachbarländer sind uns in dieser Hinsicht weit voraus. Diese haben ihr Kindschaftsrecht schon längst den Richtlinien der EMRK angepasst. Somit ist Deutschland in Sachen gemeinsames Sorgerecht für nichteheliche Eltern in Europa zwar nicht ganz isoliert, es gehört jedoch zu den wenigen Mitgliedstaaten, dessen Gesetzgebung in diesem Bereich wohl nicht mit der EMRK vereinbar ist. Dies ist zurückzuführen auf die geltenden Regelungen zum Sorgerecht, die laut dem Bundesverfassungsgericht (Vgl. BVerfGE 29.01.03) verfassungsgemäß sind.
Hinsichtlich Ihrer letzten Frage, muss ich Sie darauf hinweisen, dass ich Ihnen hier leider keine Rechtssprechung zukommen lassen kann und Ihnen empfehlen möchte, sich bezüglich einer Klage vor dem Europäischen Menschrechtsgerichtshofes Rat bei einem Rechtsbeistand zu holen. Dieser wird Ihnen nach Sichtung des konkreten Sachverhalts die Aussichten auf Erfolg einer Klage bedeuten können. Leider ist es mir ohne genaue Tatsachenkenntnisse nicht möglich, Ihnen eine Rechtsauskunft zu geben.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben und wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Alvaro, MEP