Frage an Alexander Alvaro von Horst W. bezüglich Wirtschaft
Privatisierung des EU-Wassermarktes
Sehr geehrter Herr Alvaro,
wie aus einem aktuellen Fernsehbericht und diversen anderen Quellen zu entnehmen ist, plant der EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Barnier, einen neuen Versuch, den europäischen Wassermarkt zu privatisieren.
Werden Sie diesem neuerlichen Versuch der Deregulierung und Privatiserung zu Lasten der Bürger zustimmen?
Was unternehmen Sie, um die Pläne des Herrn Barnier zu stoppen?
Mit freundlichen Grüßen
H. Wörmann
Sehr geehrter Herr Wörmann,
vielen Dank für Ihre Frage bezüglich des Kommissionsvorschlags für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe (2011/0437).
Nach der gestrigen Abstimmung im zuständigen Ausschuss für den Binnenmarkt möchte ich Ihnen mitteilen, dass die FDP-Delegation im Europäischen Parlament gegen den Vorschlag, der in der Tat vorsieht die Wasserversorgung in den Geltungsbereich der Richtlinie einzubeziehen, gestimmt hat, sich aber leider nicht durchsetzen konnte.
Das Ergebnis der Abstimmung ist zwar bedauerlich, ein Inkrafttreten der Richtlinie bedeutet aber nicht, dass öffentliche Auftraggeber direkt oder indirekt zur Ausschreibung von Konzessionen in diesem Sektor gezwungen werden. Die Richtlinie legt lediglich die Regeln zur Konzessionsvergabe fest. Öffentliche Stellen können weiter frei entscheiden, ob sie die betreffende Leistung selbst oder in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erbringen oder diese als Konzession ausschreiben wollen.
Die deutschen Stadtwerke sehen sich allerdings mit dem speziellen Problem konfrontiert, dass sie als Mehrspartenunternehmen (Wasser, Energie etc.) keine "verbundenen Unternehmen" im Sinne der Richtlinie wären, für die keine Ausschreibungspflicht gilt. Denn das Monopol auf die Wasserversorgung verschafft den Stadtwerken durch die Möglichkeit der Quersubventionierung Wettbewerbsvorteile gegenüber privaten Mitbewerbern auf dem Energiemarkt.
Dieses Problem lässt sich jedoch lösen, indem die Stadtwerke ihre Wassersparten buchhalterisch von den Energiesparten trennen. Um den Stadtwerken die Möglichkeit zu geben, sich entsprechend umzustrukturieren, sieht der aktuelle Kompromisstext, der am 24.1.2013 vom Binnenmarktausschuss angenommen wurde, einen Übergangszeitraum bis 2020 vor. Dann können die Stadtwerke als "verbundene Unternehmen" wie bisher ohne öffentliche Ausschreibung die Wasserversorgung übernehmen.
Die FDP im EP unterstützt diesen Ansatz.
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Alvaro