Frage an Alexander Alvaro von Jay S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Alvaro,
leider hat der alte Bundestag unter CDU/SPD ein Zensurgesetz im Internet beschlossen.
Obwohl eine Mehrheit im aktuellen Bundestag der Meinung ist, dass löschen vor sperren richtig wäre, traut sich der Bundestag nicht das Gesetz aufzuheben und den Vertrag zwischen BKA und Providern zu kündigen.
Leider versucht EU-Kommisarin Malmström dies zu wiederholen.
http://www.gulli.com/news/eu-netzsperren-datensch-tzer-schreiben-offenen-brief-2010-09-27
Lässt sich das Vorhaben von Frau Malmström noch verhindern?
Wie schätzen Sie die Meinung im EU-Parlament ein?
Haben Sie Infos zum Projekt Indect?
Mit freundlichen Gruß
Scharff
Sehr geehrter Herr Scharff,
Zuerst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie Sie eventuell schon in meiner Pressemitteilung vom Dienstag, den 28. September gelesen haben, gehen wir derzeit davon aus, dass das Europäische Parlament im Kern dem Vorschlag der Kommissarin Malmström folgen wird. Die schwedische Kommissarin wirbt derzeit intensiv für eine Einführung von Internetsperren. Wir, die deutschen Liberalen stehen aber nach wie vor hinter unserem Wahlversprechen und werden uns mit aller Kraft gegen die Sperren einsetzen. Doch leider sieht es derzeit danach aus, dass der Vorschlag der Kommission im Rat als auch im Parlament eine Mehrheit finden wird.
In Ihrer Email sprachen Sie an, dass im Bundestag das Gesetz zum Sperren von Websites nicht aufgehoben wird. Leider wird die Position der Bundesregierung irrelevant im Moment, in dem Parlament und Rat dem Entwurf der Kommission zustimmen. Denn die wohlmögliche Richtlinie würde Deutschland dazu verpflichten innerhalb eines vorgeschriebenen Zeitrahmens Internetsperren zum Kampf gegen Kinderpornographie einzuführen. Somit würde es dann in Deutschland zwangsläufig zu Internetsperren kommen, obwohl sich sowohl unsere liberale Justizministerin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, als auch wir Deutschen Liberalen im Europäischen Parlament vehement gegen einen solchen Beschluss wehren.
Ein weiteres interessantes Thema, welches ich seit Beginn des Jahres sehr genau verfolge ist INDECT. Das Forschungsprojekt wird von der EU von Januar 2009 bis Ende 2013 mit 10.91 Million EUR finanziert. Die Hauptziele des Forschungsprogramms liegen darin eine Plattform zu entwickeln, welche die Registrierung und den Austausch von operationellen Daten, die Anwerbung von Multimediainhalten, als auch das intelligente Aufbereiten dieser Informationen organisieren kann. Zusätzlich werden Systeme entwickelt, welche automatisch Gefahrensituationen und "abnormales Verhalten" aufspüren. Letztendlich, soll dieses System dazu dienen, dass bisherige Kameraüberwachungen und Strafverfolgungen wesentlich vereinfacht und effizienter gestaltet werden.
Wie bereits erwähnt, verfolge ich die Fortschritte des Projekts ganz genau. Denn die Gefahr, dass durch so eine "totale Überwachung" Bürgerfreiheiten eingeschränkt werden könnten, liegt auf der Hand.
Der Entschluss des Ethikrates nicht mehr alle Dokumente publik zu machen halte ich wiederum für falsch und ich werde mich auch dafür einsetzen, dass die Kommission darüber wachen wird, dass so eine Intransparenz von einem durch EU-Fördergelder unterstütztem Projekt nicht geduldet wird.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne wieder zur Verfügung und verbleibe,
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Alvaro