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Albrecht Glaser
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Frage von Josef M. •

Frage an Albrecht Glaser von Josef M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Herr Glaser,
zur Bundestagswahl 2021 führen wir (Gemeinwohl-Ökonomie Deutschland, Monetative e.V., Samuel-Pufendorf-Gesellschaft für politische Ökonomie e.V., Entrepreneurs4Future Stuttgart und Genossenschaft für Gemeinwohl) eine mehrstufige Befragung aller Bundestagsparteien zu den Themen Geld- und Finanzpolitik durch. Nachfolgend finden Sie das vierte Fragen-Paket zum Themenbereich: Finanzaufgaben zur allgemeinen Daseinsfürsorge

D1 Die Gewinnmargen liegen in der Realwirtschaft bei ca. 1- 2 %, in der Finanzwirtschaft dagegen häufig zwischen 6 –16% oder noch höher. Mit welcher Gesetzgebung und anderen Maßnahmen wie z.B. Konjunkturprogrammen können die Realwirtschaft und der Mittelstand finanziell gestärkt werden?

D2 Die Digitalisierung der Zahlungsinfrastruktur (und damit verbunden unseres Geldes) schreitet zunehmend voran. Befürworten Sie die Abschaffung von Bargeld und falls ja, aus welchen Gründen?

D3 Ein Land bzw. eine Staatengemeinschaft als Herausgeber der eigenen Währung ist immer finanziell in der Lage, die öffentliche Daseinsvorsorge der Bürger*innen in angemessener Form zum Wohle der Allgemeinheit zu finanzieren. Die Sparpolitik der letzten Jahrzehnte hat jedoch zu einer deflationären Entwicklung geführt und einen Investitionsstau verursacht. Unter welchen Bedingungen halten Sie eine monetäre Staatsfinanzierung für zielführend, um diesen Investitionsstau aufzulösen?

D4 Welche Programme schlägt der Finanzausschuss des Bundestags vor, um die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder stärker auf das Gemeinwohl auszurichten und Märkte so zu gestalten, dass sie viel mehr der Erreichung gesellschaftlicher Ziele dienen anstatt der Erzielung privater Profite?

D5 Sind öffentlich, finanzierte Infrastrukturprojekte aus Ihrer Sicht zu befürworten, um neue Stellen im öffentlichen Dienst für die allgemeine Daseinsfürsorge zu schaffen? Wenn ja, welche konkreten Stellen möchten Sie hierbei priorisieren?

mit freundlichen Grüßen
Josef Mikus

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AfD

Sehr geehrte Herr Glaser,

zur Bundestagswahl 2021 führen wir (Gemeinwohl-Ökonomie Deutschland, Monetative e.V., Samuel-Pufendorf-Gesellschaft für politische Ökonomie e.V., Entrepreneurs4Future Stuttgart und Genossenschaft für Gemeinwohl) eine mehrstufige Befragung aller Bundestagsparteien zu den Themen Geld- und Finanzpolitik durch. Nachfolgend finden Sie das vierte Fragen-Paket zum Themenbereich: Finanzaufgaben zur allgemeinen Daseinsfürsorge

D1 Die Gewinnmargen liegen in der Realwirtschaft bei ca. 1- 2 %, in der Finanzwirtschaft dagegen häufig zwischen 6 –16% oder noch höher. Mit welcher Gesetzgebung und anderen Maßnahmen wie z.B. Konjunkturprogrammen können die Realwirtschaft und der Mittelstand finanziell gestärkt werden?

Entgegen der in Frageform gekleideten Behauptung liegen die Umsatzrenditen der Deutschen Unternehmen zwischen 5 % bis 8 % siehe (https://www.bundesbank.de/resource/blob/853868/
c26c96895f4bbc468a00c6ec5e99579f/mL/2020-12-ertragslage-data.pdf).

Selbst der deutsche Mittelstand konnte Im Durchschnitt die Umsatzrendite in den letzten 15 Jahren von 4,4% auf 7,5 % steigern. (siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/261428/
umfrage/umsatzrenditen-im-deutschen-mittelstand/). Demgegenüber hat sich die Rentabilität der Kreditinstitute in den letzten Jahren deutlich verschlechtert, dieser Rückgang betrifft sowohl Sparkassen und Kreditgenossenschaften sowie auch Regional- und Großbanken. Insgesamt ging die Eigenkapitalrentabilität von rd. 8% im Jahre 2000 auf nur noch 1,07 % in 2019 zurück (siehe https://www.bundesbank.de/resource/blob/844602/9d28b990afb142252ff410be6b92dfd5/
mL/2020-09-ertragslage-data.pdf).

Aufgrund dieser Faktenlage entfällt die Grundlage für Ihre Frage. Davon unabhängig wollen wir als AfD natürlich einen starken Mittelstand und dieser ist wiederum auf leistungsfähige und international agierende Banken angewiesen Die anhaltende Niedrigzinspolitik hat zu einer Erosion der Erträge der Banken beigetragen und stellt eine ernste Gefahr für das Überleben dieser Branche dar. Konjunkturprogramme sind ein beliebtes Betätigungsfeld der Politik und sollen dem Wahlvolk Aktivität vorspielen, wo es meist besser wäre, das Auf- und Ab der Konjunktur gewähren zu lassen und nur in wirklichen Notfällen einzugreifen.

Nebenbei: Wer sollte denn mit welchen Mitteln Konjunkturprogramme auflegen und wie sollen die zur Ertragssteigerung von Unternehmen beitragen? Der öffentliche Sektor hat Schuldenprobleme und das Land hat keine Nachfrageprobleme.

D2 Die Digitalisierung der Zahlungsinfrastruktur (und damit verbunden unseres Geldes) schreitet zunehmend voran. Befürworten Sie die Abschaffung von Bargeld und falls ja, aus welchen Gründen?

Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs ist in den letzten Jahrzehnten sehr weit vorangeschritten. Die wesentliche Ausnahme bleibt der Bargeldverkehr. Und hierfür gibt es gute Gründe: Freiheit. Bargeld lässt uns frei über unsere Ausgaben entscheiden, sichert unsere informationelle Selbstbestimmung und bietet auch eine Sicherung gegen staatliche Eingriffe ins Eigentum. Die Freiheit der Bürger gebietet, dass Bargeld weiterhin genutzt werden darf.

D3 Ein Land bzw. eine Staatengemeinschaft als Herausgeber der eigenen Währung ist immer finanziell in der Lage, die öffentliche Daseinsvorsorge der Bürger*innen in angemessener Form zum Wohle der Allgemeinheit zu finanzieren. Die Sparpolitik der letzten Jahrzehnte hat jedoch zu einer deflationären Entwicklung geführt und einen Investitionsstau verursacht. Unter welchen Bedingungen halten Sie eine monetäre Staatsfinanzierung für zielführend, um diesen Investitionsstau aufzulösen?

Deutschland hat die eigene starke Währung ohne Not zugunsten einer Währung im Rahmen des Europäischen Zentralbanksystem aufgegeben. Die Unterstellung, dass eine Zentralbank die „Notenpresse“ bedienen und sozusagen unerschöpflich Geld produzieren kann, ist eine Illusion, der sich in den letzten Jahren einige Schlauberger hingegeben haben. Aus dem Nichts heraus „Wohlstand“ zu erzeugen war immer schon der Wunschtraum linker Ideologen, daran ändert auch die scheinbare Wissenschaftlichkeit einer „Modern Monetary Theory“ nichts. Der Wohlstand eines Landes wird ausschließlich durch den Erfindungsreichtum und Fleiß seiner Bürger, also das realwirtschaftliche Geschehen, erwirtschaftet und niemals durch Beamte einer Notenbank oder eines Finanzministeriums. Die Vorstellung einer freien, beliebigen Geldschöpfung durch eine Notenbank ohne Rückkopplung mit der Realwirtschaft entstammt der Voodoo-Ökonomie. Vielleicht schauen Sie sich einmal die 50jährige Geldmengensteuerung der Bundesbank an und deren Orientierung am Volumen der volkswirtschaftlichen Leistung. Das war und ist bis heute Goldstandard in der Welt der internationalen Notenbanken.

Sofern die Staatshaushalte der Vergangenheit die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur vernachlässigt haben, was strukturiert und quantifiziert werden müsste auch und gerade nach Art des Hoheitsträgers, der jeweils hierfür zuständig ist, liegt dies allein an der Fehlallokation staatlicher Haushaltsausgaben. Als Höchststeuerland im Kreis der OECD könnte ein solches Versagen nicht an der Einnahmeseite des öffentlichen Sektors liegen, sondern nur an der Ausgabenseite. Dies ist auch -abgesehen vom internationalen Vergleich, siehe etwa die Schweiz mit einer 10 Prozentpunkte niedrigeren Abgabequote- schon deshalb naheliegend, da die Investitionsquoten der öffentlichen Haushalte in ihrem Anteil an den Gesamtvolumina der Haushalte marginal sind. Eine Haushaltssteuerung, welche eine angemessene Infrastrukturfinanzierung beinhaltet, ist daher allein eine Frage des politischen Willens der Haushaltsgesetzgeber.

D4 Welche Programme schlägt der Finanzausschuss des Bundestags vor, um die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder stärker auf das Gemeinwohl auszurichten und Märkte so zu gestalten, dass sie viel mehr der Erreichung gesellschaftlicher Ziele dienen anstatt der Erzielung privater Profite?

Auch dies wieder eine Suggestivfrage. In ihr wird unterstellt, dass zu früheren Zeiten (wann, wo, in welcher Weise?) „wirtschaftliche Aktivitäten stärker auf das Gemeinwohl ausgerichtet gewesen seien“. Insbesondere ist ungeklärt, was Sie unter „Gemeinwohl“ verstehen. Unsere ganze Daseinsführsorge, vom Bäcker über den Autokauf bis zum Arzt, funktioniert hervorragend. Insofern sind alle diese wirtschaftlichen Aktivitäten -und das umfasst nahezu die gesamte Volkswirtschaft- auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Und was Gemeinwohl ist, definieren die Nachfrager, die alle die Güter und Dienstleistungen beziehen. Sie tun dies zur Befriedigung der gesamten Palette ihrer Bedürfnisse von der Ernährung bis zu Kunst und Kultur in allen Variationen. Unmittelbarer und selbstbestimmter kann die Befriedigung von Gemeinwohlbedürfnissen gar nicht sein.

Das, was Sie „privaten Profit“ nennen und was sie offenbar stört, ist ein Bestandteil dieses faszinierenden Prozesses der Befriedigung der Gemeinwohlbedürfnisse. Er stellt sicher, dass dieser Prozess auf möglichst ökonomische Weise geschieht. D. h. ein gegebenes Bedürfnis wird zu optimalen Kosten befriedigt oder mit gegebenen Ressourcen wird eine maximale Bedürfnisbefriedigung erreicht. Wo also ist das Problem, dessen Lösung sie interessiert? Die bei diesem Prozess in Gewinnen bzw. Einkommen von Erbringern der Dienstleistungen bzw. Lieferern von Gütern zum Ausdruck kommende Rentierlichkeit ist zudem die alleinige Quelle aller Staatsfinanzierung. Wenn also die Rentierlichkeit hoch ist, hat der Fiskus die Möglichkeit hohe Staatseinnahmen zu erzielen und umgekehrt. Eine geringe Rentierlichkeit führt also notwendigerweise zu schlecht finanzierten Staatshaushalten.

Da ein Teil unser aller Bedürfnisse, deren Befriedigung sehr gut eine Definition des Gemeinwohls sein könnte, auch öffentliche Güter sind, die per definitionem nur der Staat herstellen kann, ist es nützlich, wenn dem Staat hierfür ausreichend finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Solche Güter sind exemplarisch die äußere und innere Sicherheit, ein möglichst gut funktionierendes Justizsystem, die öffentliche Infrastruktur für Verkehr, Bildungseinrichtungen und ein qualitätsvolles Regierungssystem, dessen Qualitäten sich nicht zuletzt durch eine gute Qualität öffentlicher Güter darstellen lässt. Hierbei gilt natürlich auch das ökonomische Prinzip. Eine gewünschte Qualität öffentlicher Güter mit dem geringsten Ressourceneinsatz herzustellen bzw. mit gegebenen Ressourcen den größten Nutzen durch öffentliche Güter zu stiften, ist ein Beweis guter Staatsführung.

Dies alles bedeutet: Den Gegensatz zwischen „der Erreichung gesellschaftlicher Ziele“ und der „Erzielung privater Profite“ gibt es gar nicht. Vielmehr ist das Letztere existenznotwendige Voraussetzung für das Erstere. Das dumpfe Raunen irrationaler „Kapitalismuskritik“ ist nicht zu überhören. Etwas mehr Rationalität politischer Diskussionen wäre dem „Gemeinwohl“ daher sehr dienlich.

D5 Sind öffentlich, finanzierte Infrastrukturprojekte aus Ihrer Sicht zu befürworten, um neue Stellen im öffentlichen Dienst für die allgemeine Daseinsfürsorge zu schaffen? Wenn ja, welche konkreten Stellen möchten Sie hierbei priorisieren?

Es ist denklogisch nicht nachvollziehbar, warum öffentliche Infrastrukturprojekte durchgeführt werden sollen, um neue Stellen für die allgemeine Daseinsfürsorge zu schaffen. Zum einen hat das eine mit dem anderen nichts zu tun, zum anderen werden Infrastrukturprojekte allein deshalb geschaffen, um eine öffentliche Infrastruktur zu haben und niemals, um damit Stellen zu schaffen. Auch und gerade der öffentliche Sektor muss besondere Anstrengungen unternehmen, um dem ökonomischen Gesetz Geltung zu verschaffen. Denn bedauerlicherweise gibt es den so wunderbaren Indikator des parallelen individuellen Nutzens (ein guter Lohn, den Überschuss aller Selbständigen, den Gewinn von Unternehmen) nicht, der anzeigt, ob etwas auf unwirtschaftliche Weise oder wirtschaftlich rational erledigt wird. Da das so ist, gilt das Parkinson´sche Gesetz in der öffentlichen Verwaltung. Wenn es gelänge seine Geltung außer Kraft zu setzen oder wenigstens seine Wirksamkeit zu begrenzen, könnten wir viel mehr öffentlichen Nutzen schaffen. Das wollen Sie doch auch?

mit freundlichen Grüßen
Josef Mikus

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