Frage an Albrecht Glaser von Dr. Arnd T. . bezüglich Gesundheit
Im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2 Pandemie wurde eine Überlastung des Gesundheitswesens durch mehr behandlungsbedürftige Personen mit COVID-19 befürchtet als bei allen Anstrengungen Behandlungskapazitäten zur Verfügung standen. Aktuell steht eine solche Überlastung des Gesundheitswesens kurzfristig nicht bevor.
Wie aber soll bei einer zukünftigen Überlastung des Gesundheitswesens entschieden werden? Nach welchen Kriterien soll zwischen Patientinnen und Patienten ausgewählt werden, wenn nicht für alle behandlungsbedürftigen Personen Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen?
Die DIVI (23.04.2020) und auch der Deutsche Ethikrat (27.03.2020) haben dazu das Konzept der ex-ante-Triage und als Verschärfung die Anwendung der ex-post-Triage vorgeschlagen.
Welche Meinung vertreten Sie zur ex-ante und ex-post-Triage?
Nach welchen Kriterien sollt über knappe und damit nicht ausreichende Behandlungskapazitäten im Gesundheitswesen entschieden werden?
Sehr geehrter Herr D. M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Situation der Triage betrifft ein ethisches Dilemma, das kein Mensch - weder Arzt noch Jurist oder Politiker - hofft, jemals lösen zu müssen. Wer kann und darf über die Preisgabe eines Lebens zugunsten eines anderen Lebens entscheiden? Somit ist es eine einsame medizinische Entscheidung, deren Verantwortung beim Handelnden liegt und von keinem anderen übernommen werden kann. Ein allgemeines ethisches Rezept für diese Situation existiert nicht.
Natürlich ist eine umsichtige Gesundheitspolitik gut beraten, wenn sie dafür sorgt, dass möglichst viele Reserven an Medikamenten, Schutzausrüstungen und Medizintechnik vorgehalten und entsprechende Lieferketten organisiert werden, um im Ernstfall gut vorbereitet zu sein. Gleiches gilt für die Entwicklung von Impfstoffen.
Die derzeitige Corona-Pandemie kann als „Übung“ für den Ernstfall betrachtet werden, aus der wir viel zu lernen haben. Letztlich bleibt es jedoch dabei, dass es die zur Entscheidung im Einzelfall Berufenen sind, die mit dem ethischen Dilemma umgehen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Albrecht Glaser