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Adalbert Ding
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Frage von Magdalena P. •

Frage an Adalbert Ding von Magdalena P. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Ding,
mein Mann und ich sind vor einigen Jahren nach Nikolassee gezogen. Ich wohne in großer Nähe von Potsdamer Chaussee und AVUS (Kattestr.) und bin schon jetzt von dem Verkehrslärm, der dort zu hören ist, unangenehm überrascht. Kürzlich erfuhren wir, dass in unserer unmittelbaren Nähe eine Eisenbahnstrecke zwischen Potsdam und Berlin, die sogenannte Stammbahn, nach über 50 Jahren wieder reaktiviert und elektrifiziert werden soll. Wir befürchten einen weiteren Anstieg des Lärmpegels.
Von Freunden, die am Nikolassee wohnen, wissen wir, dass dort die Lärmbelastung durch die Autobahn noch schlimmer ist.
Was gedenken Sie und ihre Partei zu tun, um die Lärmbelastung, die meiner Meinung langfristig gesundheitsschädigend ist, in unserem Bezirk - speziell in unserer Umgebung - zu senken?
Ihrer Antwort sehe ich gespannt entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Magdalena Pichel

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Sehr geehrte Frau Pichel,

Es ist seit langem bekannt, dass übermäßiger und dauernder Lärm stark die Gesundheit beeinträchtigt. Als Prophylaxe gilt es unnötigen Lärm einzustellen und anderen Lärm einzudämmen und zu verringern. Dies hat im Privatbereich durch entsprechende gesetzliche Regelungen im großen und ganzen funktioniert bei öffentlich produziertem jedoch nicht so gut.
Die gängigen Hauptlärmquellen sind zur Zeit:
der Autoverkehr
der Eisenbahnverkehr
der Flugverkehr
der aus Industrieanlagen entweichende Lärm.

Lärm kann verringert werden
durch geeignete Schutzmaßnahmen auf Seiten der Schallerzeuger
durch geeignete Straßenbeläge bzw. Schienen,
durch geeignete Schallschutzmaßnahmen und
und durch eine geeignete Steckenenführung bzw. Bauausführung.

Um ein solches Problem quantitativ einzugrenzen sind Schallpegelmessungen vor Ort nötig. Dazu eine Vorbemerkung:

Der Schallpegel wird in dBA gemessen. dBA ist eine logarithmische Einheit, d.h. 10 dBA mehr ist ein Faktor 10 mehr, 20dBA mehr ist ein Faktor 100 mehr, u.s.w. Folgende Schallpegel führen zu Beeinträchtigungen der Lebensqualität:
Ab 40 dBA treten Konzentrationsstörungen auf, ab 65 dBA muss bei dauernder Einwirkung mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gerechnet werden; ab 90 dBA sind Hörschaden bei Einwirkdauern von mehr als 40 Stunden pro Woche möglich; bei 120 dBA liegt die Schmerzschwelle, hier sind Gehörschäden schon bei kurzer Einwirkung möglich.

Zu Ihrem direkten Problem:
Wir haben kurzfristig Schallmessungen in der Umgebung Ihrer Wohnung durchgeführt. An der Ecke Katteweg (nicht Kattestr., da müssen Sie sich wohl verschrieben haben) von-der-Trenckstraße haben wir gegen 18h an einem Werktag zwischen 60 und 65 dBA gemessen. An der Libellenstraße, die direkt parallel zur Autobahn führt und mit einer "Schallsschutzwand" von ihr abgeschirmt sein sollte, waren es zwischen 70 und 85 dBA, wobei zu bemerken ist, dass die dort errichtete, aus einer einfachen 4mm dicken Glasschicht von etwa 2,5m Höhe bestehenden sogenannte Schallschutzwand (vor ca. 15 Jahren eingebaut)ihren Namen nicht verdient und eher als Schallreflektor in Richtung der Häuser auf der anderen Seite des Nikolasse wirkt. Auf der anderen Seite des Nikolassee, am Ende der Dreilindenstraße haben wir immerhin auch zwischen 60 und 65 dBA gemessen. Zur genaueren Analyse müsste man die Messungen über einen längeren Zeitraum führen und auch das Frequenzspektrum mit analysieren. Aber als Anhalts
punkt können die oben genannten Werte dienen.

Wie sie aus den vorhergegangenen Bemerkungen ersehen können, liegen Sie durchaus in einer gefährdeten Zone. Zur Abhilfe hatte man vor einigen Jahren ohne die Schallpegel zu messen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h auf der am Wohngebiet vorbeiführenden Autobahn eingeführt, die aber die Lärmpegel eher erhöhte verursacht durch das dauernde Abbremsen und Beschleunigen der Fahrzeuge, insbesondere der Lastwagen. Sie wurde deswegen schließlich von einem Gericht für ungültig erklärt.

Da wir den Verkehr auf der AVUS nicht dauerhaft einstellen können, ist es unbedingt erforderlich, eine effektive und genügend hohe absorbierende Schallschutzwand nach dem neuesten Stand der Technik zu errichten. Sinnvoll wäre eine zusätzliche Schallschutzwand auf dem Mittelstreifen, der den Verkehrslärm der weiter entfernt liegenden Spuren noch mehr schwächen würde (um weitere 3 dBA). Das gilt nicht nur für die Umgebung des Nikolassees, sondern auch für den Bereich um den ehemaligen Kontrollpunkt Dreilinden. Nur damit kann man eine wesentliche Verringerung des Verkehrslärms erreichen. Ich werde mich - unabhängig vom Ausgang der Wahl - für diese Belange einsetzen.

Nun zur Frage der Stammbahn:
Die Stammbahn ist die historisch älteste Eisenbahn in Berlin/Brandenburg. Sie wurde nach dem Krieg noch bis zum Bau der Mauer hauptsächlich für den (geringen) Güterverkehr mit den Stationen Zehlendorf, Lichterfelde-West, Steglitz und Schöneberg betrieben. Nach dem Bau der Mauer wurde sie auf der Strecke zwischen Düppel/Kleinmachnow und dem Teltowkanal vollständig inklusive Trasse abgerissen und durch den Grenzstreifen ersetzt. Um sie wieder in Betrieb zu nehmen, muss die gesamte Trasse neu - und diesmal mit Elektrifizierung - aufgebaut werden.

Bei Eisenbahnverkehr gelten die oben angegebenen Schallschutzrichtlinien genau so. Zum Unterschied zu Autos gibt es aber bei Eisenbahnen zwei Schallquellen: das Radgeräusch und das Schallemission vom Stromabnehmer, wobei letztere bei schnellen Zügen den größeren Anteil darstellt, was sich im übrigen nicht durch Schallschutzwände in Gleisnähe dämpfen lässt. Da nach Meinung der Bahn die Betriebsgenehmigung nicht erloschen ist, könnte sie ohne Planfeststellungsverfahren im Prinzip die Trassen wieder restaurieren und in Betrieb nehmen. Was die Bahn nicht ohne weiteres tun kann ist eine Elektrifizierung der Strecke. Da müsste man bei einem neuen Planfeststellungsverfahren dann Einspruch erheben, der meines Erachtens eine gute Erfolgschance hat. Ich werde mich nach der Wahl vehement gegen den Ausbau bzw Wiederaufbau einsetzen. Ob man die Trasse dann zu einem offiziellen Fahradweg umfunktioniert muss man dann sehen.

Ich halte im übrigen den Wiederaufbau der Stammbahn für vollkommen überflüssig. Der S-Bahn-Verkehr geht über die Wannsee- und die Stadtbahn, der Fernverkehr u.a über die Stadtbahn, die Anhalter Bahn und den Innenring. Alle oben genannten Bahnhöfe könnten von der Anhalter Bahn oder von Zügen aus dem Innenring abgedeckt werden. Zur Not gibt es in der Nähe des Bahnhofs Wannsee noch eine Gleisverbindung der Fernbahn zwischen der Stadtbahn und der Wannseebahn, die verwendet werden könnte. Auch wage ich zu bezweifeln, dass die Bahn dort jemals schnelle Regionalzüge einsetzen würde, die ohnehin nur in Zehlendorf halten könnten. Für Steglitz und/oder Schöneberg müssten Fernbahnsteige inclusive Gleisanlagen erst gebaut werden. Bevor man solche Dinge vollmundig präsentiert, sollte man mindestens mit der Bahn vorher einmal geredet haben.

Bei der Gelegenheit ein Wort zum sog. Lichtenrader Tunnel:
Für die Bahn gelten natürlich die gleichen Schallschutzrichtlinien wie für den Straßenverkehr. Hier kann man beträchtliche Schallminderung durch Geschwindigkeitsbeschränkungen erreichen. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h im bewohnten Bereich dieser Strecke würde zu einer starken Reduzierung der Schallemission und nur zu einer minimalen Verlängerung der Zuglaufzeit (ca 3,5 min) führen. Das wäre sicher eine bisher noch nicht diskutierte Variante mit geringen Kosten.

Schauen Sie im übrigen auch unter http://www.sengpielaudio.com/TabelleDerSchallpegel.htm

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen gedient habe.

Mit freundlichen Grüßen

Adalbert Ding