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Frage von Michael D. •

Frage an Abuzar Erdogan von Michael D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Erdogan,

seit vielen Jahren ist das Thema "Pflege" im Gespräch. Leider werden viele Arbeitsgruppen ins Leben gerufen und von Politikern aller Parteien viele Worte dazu gesagt, allerdings erfolgen keine oder keine wirksamen Taten.

Meine Frage an sie wäre daher, wie sie die derzeitige Situation der Pflege sehen, welchen Stellenwert die Pflege alter und kranker Menschen in unserer Gesellschaft haben soll. Ein ambulanter Pflegedienst erhält für die morgendliche Ganzkörperwaschung rund 30 Euro, die Servicefirma, die neulich meine Waschmaschine richten musste verlangt für 20 Minuten und dem Austausch einer Gummidichtung 178 Euro zzgl. Anfahrt 30 Euro. Da frage ich mich, was in unserer Gesellschaft mehr Wert ist ...

Weiter würde mich interessieren, wie ihrer Meinung nach konkret Abhilfe für die Probleme geschaffen werden sollen, die aufgrund der demographischen Entwicklung entstehen werden (mehr Alte/Kranke Menschen, aber auch mehr alte Pflegefachkräfte). Ich möchte hier auch darauf hinweisen das Pflege nicht nur die Altenpflege umfasst, sondern auch die Krankenpflege in Kliniken. Professionell pflegen kann definitiv nicht jeder...

Ich würde mich freuen, ihre Ansichten und vor allem auch ihre konkreten Lösungsansätze kennen lernen zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Dusch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dusch,

vielen Dank für Ihre E-Mail zur Pflege.

Ich sehe das ebenso, dass Pflege zu schlecht bezahlt und zu gering anerkannt wird. Das ist sicherlich auch ein Grund, weswegen uns Fachkräfte fehlen. Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten Jahren massiv steigen wird, muss gehandelt werden, um einen „Pflegenotstand“ zu vermeiden. Dazu gehört ein (auch politischer) Bewusstseinswandel, dass Arbeit mit und für Menschen etwas Hochwertiges ist. Das gilt nicht nur für die Pflege, sondern zum Beispiel auch für Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas.

Politisch gesehen lagen die wissenschaftlichen Empfehlungen für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff bereits 2009 vor. Sie wurden aber bisher nicht umgesetzt. Stattdessen hat die Bundesregierung die Empfehlungen für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einfach ein zweites Mal „erarbeitet“, ohne sie umzusetzen. Das waren insofern vier verlorene Jahre, was ich sehr bedaure.

Für mich ist klar, dass Verbesserungen in der Pflege nur möglich sind, wenn wir in Deutschland dafür mehr Geld zur Verfügung stellen. Deswegen begrüße ich es, dass die SPD eine Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung schon vor der Wahl angekündigt hat, um den angekündigten Verbesserungen auch Taten folgen lassen zu können. Denn wer Verbesserungen ohne Gegenfinanzierung verspricht, wird das nicht einhalten können.

Die SPD hatte im Bundestag bereits ihre Forderungen zur Zukunft der Pflege eingebracht. Dabei geht es neben der Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs (vor allem zugunsten von Demenzerkrankten und zum Wegkommen von der Minutenpflege) auch um Verbesserungen für pflegende Angehörige (z.B. durch ein flexibles Zeitbudget), bessere Leistungen (z.B. für Kurzzeit- und Verhinderungspflege) und nicht zuletzt eine Reform der Ausbildung. Mir persönlich ist dabei zudem sehr wichtig, dass die Ausbildung kostenlos sein muss.

Ein wichtiger Punkt - den ich auch durch Besuche in Krankenhäusern in der Region erlebt habe - ist ein Ende der Minutenpflege. Das ist bisher weder für die Pflegerinnen und Pfleger noch für die Pflegebedürftigen ein guter Zustand. Es muss daher mit einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff um den Grad der Selbständigkeit der Pflegebedürftigen gehen und nicht länger um die alleinige Betrachtung der körperlichen Defizite und der „Verrichtungsfähigkeit“.

Die gesamten Forderungen der SPD - die ich unterstütze - finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/099/1709977.pdf

Für mich bedeutet die älter werdende Gesellschaft, dass wir Deutschland darauf vorbereiten müssen. Dazu müssen wir in vielen Bereichen aktiv werden. Zum Beispiel müssen wir die Gemeinschaften und das Ehrenamt vor Ort stärken. Dazu können „Generationenbündnisse“ einen Beitrag leisten, mit denen vor Ort ein Netzwerk mit gegenseitiger, ehrenamtlicher Hilfe geschaffen werden könnte. Sie könnten eine soziale Infrastruktur ergänzen, zu der aus meiner Sicht auch Programme wie die „Soziale Stadt“ und Mehrgenerationenhäuser gehören, die jeweils wieder stärker vom Bund gefördert werden müssen. Dazu muss eine ausgebaute, unabhängige Pflegeberatung kommen - die auch Wohnberatung beinhalten muss - und als Pflegestützpunkt eine wohnortnahe erste Anlaufstelle für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ist. In Rheinland-Pfalz sind schon über 100 solcher Stützpunkte entstanden, in Bayern leider noch nicht einmal zehn, obwohl es dafür Bundesförderung gab. Wir brauchen auch mehr altersgerechten Wohnraum, denn die Menschen wollen so lange wie möglich zu Hause bleiben. Das sollten wir ermöglichen, indem der Bund wieder den altersgerechten Umbau von Wohnraum fördert.

Mit freundlichen Grüßen
Abuzar Erdogan