Nach der Maskenaffäre im Jahr 2021 war der Druck zu mehr Transparenz groß und der Gesetzgeber kam diesen Forderungen nach. Mit dem geänderten Abgeordnetengesetz erhöhte sich der Umfang der Auskünfte, die Abgeordnete des Deutschen Bundestages über ihre Einkünfte neben ihrer Mandatstätigkeiten geben mussten. Doch unsere Auswertung zeigt: Das reicht noch nicht.
Überblick über die Änderungen 2021:
Das Abgeordnetengesetz besagt, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt der Tätigkeiten der Mitglieder des Bundestages zu stehen hat. Dennoch ist es Abgeordneten erlaubt, beruflichen oder anderen (ehrenamtlichen) Tätigkeiten neben dem Mandat nachzugehen. Diese unterstehen aber der Pflicht, veröffentlicht zu werden. Dafür haben die Abgeordneten drei Monate Zeit.
- Alle Einkünfte über 1.000 € im Monat bzw. 3.000 € im Jahr müssen auf den Cent genau veröffentlicht werden. Zuvor wurden die Angaben in weit gefassten Gehaltsgruppen getätigt, die zu ungenau waren.
- Aktienoptionen müssen angegeben werden – diese blieben zuvor unveröffentlicht.
- Unternehmensbeteiligungen müssen ab 5 % statt wie bisher ab 25 % angezeigt werden.
- Lobby-Tätigkeiten von Abgeordneten sind untersagt; zuvor war das möglich.
- Neben dem Mandat freiberuflich tätige Abgeordnete haben durch die Reform ihre Geschäftspartner:innen – mit vereinzelten Ausnahmen – anzugeben.
- Abgeordneten ist es verboten Honorare für Reden, die im Zusammenhang mit ihrem Mandat stehen, anzunehmen.
- Der:die Bundestagspräsident:in muss nun regelmäßige "Transparenzberichte" veröffentlichen. In diesen soll die Öffentlichkeit über Prüfverfahren, Regelverstöße, Ermahnungen und Sanktionen unterrichtet werden – hier hat der Gesetzgeber auf eine erfolgreiche Klage von abgeordnetenwatch.de reagiert!
Warum sind diese Regeln nicht ausreichend?
Die Reform im Jahr 2021 war ein wichtiger Schritt, aber auch eine logische Konsequenz aus der vorhergegangenen Maskenaffäre. abgeordnetenwatch.de forderte schon lange entsprechende Verschärfungen. Und auch die jetzige Gesetzeslage ist nicht ausreichend:
- Es bedarf einer unabhängigen Prüfinstanz. Bisher werden die Angaben zu Nebentätigkeiten von der Bundestagsverwaltung überwacht – unterstellt ist diese der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), die selbst aus der Mitte der Abgeordneten stammt. Eine Abgeordnete kontrolliert also, ob sie selbst und ihre Kolleg:innen die Regeln einhalten.
- Unglaubliche eineinhalb Jahre mussten wir auf die nahezu vollständige Veröffentlichung der Nebeneinkünfte warten. Auch das zeigt: Die Bundestagsverwaltung ist dieser Aufgabe nicht gewachsen und es braucht eine unabhängige Instanz.
- Sanktionen bei Regelverstößen wurden in der Vergangenheit selten verhängt. Die Bundestagsverwaltung muss härter durchgreifen und ihre Mittel nutzen, wenn Abgeordnete sich nicht an die Transparenzregeln halten.
- Immer noch gibt es Ausnahmen für bestimmte Arten von Einkünften, die nicht veröffentlicht werden müssen. Gleiches gilt für Einkünfte, die die Grenze von 1.000 € im Monat oder 3.000 € im Jahr unterschreiten. Wir fordern vollständige Transparenz!
- Wir fordern die Offenlegung des gesamten Vermögens aller Abgeordneten und Regierungsmitglieder. Aktuelle Affären im Wirtschaftsministerium zeigen, dass die geltenden Compliance-Regeln nicht ausreichend sind. Deshalb brauchen wir Transparenz über Vermögenswerte, um mögliche Interessenkonflikte aufzudecken – eine Praxis, die in anderen europäischen Ländern längst Alltag ist.
Der Reformbedarf ist weiterhin riesig und die Ampel ist jetzt am Zug; wir haben unsere Forderungen klar gemacht.
abgeordnetenwatch.de hat zusammen mit dem SPIEGEL als erstes die Einkünfte der Abgeordneten in diesem Artikel umfassend ausgewertet. Und hier finden Sie eine interaktive Karte über die Sie herausfinden, wie viel Ihre Abgeordnete neben dem Mandat verdienen.
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