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Bundestag ratifiziert UN-Konvention gegen Korruption - nach elf Jahren

Elf  Jahre brauchte der Bundestag zur Ratifizierung einer UN-Konvention gegen Korruption, doch ausgerechnet bei Abgeordneten wird Korruption weiterhin kaum nachweisbar sein. Macht nichts, meint CDU-Mann Ansgar Heveling, viel wichtiger sei sowieso das "gesellschaftliche Klima der Transparenz" in Deutschland. Wie bitte? Dass das entstehen kann, verhindert seine Partei seit Jahren.

von Martin Reyher, 29.09.2014

Der Bundestagsabgeordnete Frank Tempel ist ein Mann vom Fach. Drei Jahre lang, so erzählte der Linken-Politiker vergangenen Donnerstag im Bundestag, war er beim Landeskriminalamt Thüringen ausschließlich mit Korruptionsdelikten befasst. Aus dieser Zeit wisse er: Deutschland hat beim Thema Korruption keinen Grund, auf andere Länder zu zeigen.

"Wenn zum Beispiel ein Konzern einem Abgeordneten Geld oder geldwerte Vorteile zukommen lässt und dafür nur allgemein ein Handeln in seinem Sinne erwartet und bekommt, ist das nach wie vor nicht strafbar," so Tempel. Kurzum: Das im Februar beschlossene Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung ist weitgehend wirkungslos. Ein Staatsanwalt muss nämlich nachweisen, dass ein korrupter Volksvertreter "im Auftrag oder auf Weisung" gehandelt hat. Wer sich nicht allzu dumm anstellt, hat strafrechtlich nichts zu befürchten.

All die Kritik von Juristen, Strafverfolgern, Wirtschaftsvertretern, NGOs oder der Opposition an dem Gesetz mit eingebautem Schlupfloch ficht zumindest den CDU-Abgeordneten Ansgar Heveling nicht an. "Ich glaube, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", verkündete Heveling vergangene Woche im Bundestag. Genau genommen habe die GroKo ihre Hausaufgaben sogar "gut gemacht", findet er.

Ironischerweise hat ausgerechnet das Murks-Gesetz zur Abgeordnetenbestechung den Weg dafür freigemacht, dass der Bundestag am Donnerstagabend mit den Stimmen aller Fraktionen eine UN-Konvention gegen Korruption ratifizieren konnte - nach elf Jahren! Seit deren Unterzeichnung durch die damalige rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2003 war dies nicht möglich gewesen, weil es all die Jahre schlichtweg an einem umfassenden Gesetz gegen Korruption bei Abgeordneten fehlte. Das gibt es seit Inkrafttreten am 1. September 2014 zwar, aber in der Praxis taugt es nicht viel.

Für Ansgar Heveling kommt es beim Thema Korruption auch gar nicht so sehr auf Gesetze an. "Das Entscheidende ist, dass wir ein gesellschaftliches Klima der Transparenz haben, das dafür sorgt, dass korruptive Verhaltensweisen tatsächlich ans Licht kommen", meint der CDU-Abgeordnete. "Damit wird Korruption in all ihren Formen am besten der Boden entzogen."

Hevelings Schlussfolgerung ist vollkommen richtig: Transparenz entzieht Korruption den Boden. Falsch ist allerdings seine Grundannahme von einem existierenden "gesellschaftlichen Klima der Transparenz". Denn damit dieses sich entfalten kann, braucht es die entsprechenden Rahmenbedingungen - und die verhindern ausgerechnet Heveling und seine Parteifreunde seit Jahren.

Einige Beispiele:

  • Parteispenden über 10.000 Euro zeitnah veröffentlichen? Mit der Union nicht zu machen.
  • Sponsoringeinnahmen in den Rechenschaftsberichten der Parteien auflisten? Nicht mit CDU/CSU.
  • Nebeneinkünfte von Abgeordneten auf Euro und Cent offenlegen? Heveling und seine Fraktion sind dagegen.
  • Die Namen der Mandanten und Kunden transparent machen, von denen Abgeordnete im Nebenjob als Anwälte oder Berater Geld erhalten? CDU und CSU sagen nein.
  • Ein verpflichtendes Lobbyregister schaffen, in dem Lobbyisten angeben, mit welchem Budget, in wessen Auftrag und zu welchem Thema sie Einfluss auf die Politik nehmen? Die Union weigert sich.
  • Ein allgemeines Trasparenzregister wie in Hamburg einführen, in das Behörden und Ministerien von sich aus Dokumente wie Verträge, Aktenvermerke o.ä. öffentlich verfügbar machen müssen? Daran ist schon mal gar nicht zu denken.

Selbst die GroKo-Kollegen von der SPD mochten sich in der Plenarsitzung vom Donnerstag einen Seitenhieb auf den Blockadekurs der Union nicht verkneifen. "Jahrelang", so die SPD-Abgeordnete Christina Jantz, "sträubte sich Schwarz-Gelb, den Bereich der Abgeordnetenbestechung anzufassen." Aber das sei jetzt ja endlich gesehehen, der SPD sei Dank. Dass das Gesetz weitgehend wirkungslos ist?

Macht nichts.

Update 13.10.2014:

Am 10. Oktober hat auch der Bundesrat für die Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption gestimmt. Damit ist der parlamentarische Prozess elf Jahre nach Unterzeichnung der Konvention durch die Bundesrepublik abgeschlossen.

Sehen Sie hier noch einmal: "Entspannt verarscht werden mit der GroKo": Die "heute show" über das Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung


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