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UN-Konvention gegen Korruption: Erfüllt Deutschland tatsächlich alle Vorgaben?

Fast elf Jahr lang tat Deutschland nichts, um eine UN-Konvention gegen Korruption umzusetzen. Jetzt hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die UN-Vorgaben endlich erfüllt werden sollen. Ob das der Fall ist, scheint fraglich. Insbesondere das Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung offenbart ein riesiges Schlupfloch. Doch Konsequenzen hat Deutschland nicht zu fürchten.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 21.08.2014

Endlich soll es vorbei sein mit der Peinlichkeit. Seit 2003 war Deutschland nicht in der Lage, eine UN-Konvention gegen Korruption umzusetzen - es fehlte an einem wirksamen Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung. Anfang diesen Jahres wurde der betreffende Paragraph 108e zwar vom Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen verschärft, doch ob dies ausreicht, um die Kriterien der Vereinten Nationen zu erfüllen, wird sich erst noch erweisen.

Denn laut des Konventionstextes muss ein Staat dafür "wirksame und abgestimmte politische Konzepte zur Korruptionsbekämpfung" entwickeln. Ob dies auf Deutschland zutrifft, ist zumindest im Hinblick auf die Abgeordnetenbestechung höchst fraglich. Schon bei einer Expertenanhörung im Laufe des Gesetzgebungsprozesses hatte abgeordnetenwatch.de in einer Stellungnahme auf ein eklatantes Schlupfloch hingewiesen. Einem korrupten Politiker muss laut Gesetz nämlich nachgewiesen werden, im "Auftrag oder auf Weisung" gehandelt zu haben – dies dürfte in der Praxis aber kaum möglich sein. Erst kürzlich schloss sich der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, dieser Bewertung an. Sein Gastbeitrag in der Wochenzeitung DIE ZEIT war überschrieben mit "Dieses Gesetz ist ein Witz!"

Ungeachtet der Kritik am Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung hat die Bundesregierung nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Weg zur Umsetzung der UN-Konvention ebnen soll. Sobald die im Februar beschlossene Neuregelung zur Abgeordnetenbestechung am 1. September in Kraft tritt, wäre die Rechtslage nach Überzeugung der Bundesregierung in Übereinstimmung mit den UN-Vorgaben. Die Zustimmung des Bundestages ist nur noch eine Formsache.

Nach der Ratifikation würde Deutschland von den Vereinten Nationen in einen zwischenstaatlichen "Mechanismus zur Überprüfung der Umsetzung" aufgenommen ("Mechanism for the Review of Implementation of the United Nations Convention against Corruption"). Im Rahmen eines sogenannten „peer-review“-Verfahrens – das erste Verfahren dieser Art bei einer UN-Konvention – würde Deutschland dann von anderen, per Los gewählten, Ratifikationsstaaten überprüft werden.

Der Prozess ist so ausgelegt, dass Deutschland zuerst zu den jeweiligen Kapiteln der Konvention eine Selbstanalyse anfertigt, die dann von den ausgelosten Staaten kommentiert und kontrolliert wird. Schlussendlich liegt es bei der Bundesregierung, ob sie den fertigen Bericht veröffentlicht oder nicht – andere EU Länder sowie die Schweiz oder Finnland haben dies in den letzten Jahren getan.

Wie auch immer die Prüfung ausfällt: Zu befürchten hat Deutschland wenig. Selbst wenn es Kritik an der hiesigen Rechtslage gäbe, würde – ganz diplomatisch – nach einem Konsens gesucht. Bislang wurden allerdings noch keinem Staat ernsthaft Steine in den Weg gelegt.

Martin Reyher/Lilly Murmann

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