Seit Jahren fordern wir transparentere und strengere Regeln für die Parteienfinanzierung. Ähnliche Forderungen stellt nun auch die Organisation für Zusammenarbeit und Sicherheit in Europa (OSZE) in ihrem Bericht zur Bundestagswahl 2021. Auch wenn die internationalen Beobachter am Ablauf der Bundestagswahl grundsätzlich wenig zu bemängeln haben: Beim Thema Parteifinanzen sehen sie dringenden Handlungsbedarf und fordern von Deutschland strikte Maßnahmen.
Unzureichende Aufsicht und späte Offenlegung der Parteispenden
Die Finanzaufsicht über die politischen Parteien liegt in Deutschland bei der Bundestagspräsidentin, derzeit Bärbel Bas (SPD), und der Bundestagsverwaltung, die ihr untersteht. Die Bundestagspräsidentin überprüft die Rechenschaftsberichte der Parteien, hat allerdings keine Ermittlungsbefugnisse. Laut OSZE ist die zuständige Verwaltungseinheit zudem unterbesetzt.
Das Wahlgesetz verpflichtet die politischen Parteien, bis zum 30. September einen Jahresfinanzbericht für das vorangegangene Jahr vorzulegen, wobei die Frist um bis zu drei Monate verlängert werden kann. Nur Spenden über 50.000 Euro müssen sofort auf den Seiten des Bundestages offengelegt werden, alle anderen Finanzposten bleiben mindestens ein Jahr geheim. Hierzu zählen etwa Spenden ab 10.000 Euro, die im Rechenschaftsbericht gesondert angegeben werden müssen.
Die Wahlbeobachter kritisieren, dass diese Schwelle für die sofortige Offenlegung von Spenden zu hoch sei, um ausreichende Transparenz über die Quellen der Parteienfinanzierung zu gewährleisten. Insbesondere vor Wahlen könne die Öffentlichkeit daher nicht ausreichend nachvollziehen, von wem Parteien finanziert werden.
Zudem solle statt der Bundestagspräsidentin eine unabhängige Kontrollinstanz für die Überprüfung der Parteifinanzen zuständig sein, die mit einem klaren und wirksamen Mandat ausgestattet werden solle.
Parteifinanzen: Zu ungerecht, zu intransparent
Im Gegensatz zu Nachbarstaaten wie Frankreich sind in Deutschland Spenden nicht in der Höhe gedeckelt — Parteien können unbegrenzt finanziell unterstützt werden. Hiervon profitieren einige Parteien mehr als andere. Die OSZE äußert Bedenken, dass die Großspenden von Einzelpersonen und Unternehmen zu einen unzulässigen politischen Einfluss auf die Politikgestaltung der Parteien führen könnten. (Ähnliche Forderungen finden Sie auch hier in unserer Petition)
Mangelnde Transparenz sieht der Bericht auch beim Sponsoring. Wenn Unternehmen zum Beispiel mit Anzeigen in Parteiblättern oder durch einen Stand auf dem Parteitag Parteien unterstützen, muss dies nicht gesondert offengelegt werden.
Fairness im Wahlkampf
Mit Sorge beobachtete die OSZE mehrere Fälle von groß angelegter Wahlwerbung durch Dritte, beispielsweise mit dem Schwerpunkt auf Klimawandel und sozialen Themen. Diese Kampagnen hatten das Ziel die Wahlentscheidung zu beeinflussen, fielen jedoch nicht unter die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten, da sie von unabhängigen Dritten finanziert wurden. Die Wahlbeobachter empfehlen, für diese Form des Wahlkampfes Regeln einzuführen und mehr Transparenz zu schaffen.
Alle Empfehlungen der OSZE im Überblick:
Deckelung von Parteispenden
Parteisponsoring sollte klarer definiert und transparenter gestaltet werden
Transparenz über Kredite von Parteien
Wahlkampfkampagnen Dritter sollten gesetzlich geregelt werden
Parteispenden sollten schneller offengelegt werden
Absenkung der Obergrenze für Spenden, die sofort offengelegt werden müssen
Aufgeschlüsselte Offenlegung der Wahlkampfausgaben
Einführung einer unabhängigen Kontrollinstanz für Partei- und Wahlkampffinanzierung
Wie geht es jetzt weiter?
Viele der OSZE-Empfehlungen decken sich mit den Forderungen, die abgeordnetenwatch.de seit vielen Jahren an die Politik richtet. So haben wir beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde eingereicht, um mehr Licht in die Überprüfung der Rechenschaftsberichte zu bringen. Und unserer Petition für eine Deckelung der Parteispenden haben sich bereits über 135.000 Unterzeichner:innen angeschlossen.
Wir werden weiterhin politischen Druck machen und brauchen dafür Ihre Unterstützung. Das geht am besten indem sie unsere Petitionen zeichnen, unseren kostenlosen Newsletter abonnieren oder uns eine kleine Spende zukommen lassen.
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Informationen zur OSZE:
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE; englisch: Organisation for Security and Co-operation in Europe, OSCE) ist die größte regionale Sicherheitsorganisation mit 57 Mitgliedsstaaten aus Europa und Nordamerika. Ihren Ursprung findet sie im Kalten Krieg bei der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1975). Ihre Aufgaben beschränken sich auf die Bereiche Politik / Militärisches, Wirtschaft & Umwelt sowie humanitäre Fragen - so betreibt sie unter anderem Wahlbeobachtungen in allen Mitgliedsländern.