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Gesetzesvorschlag zu Abgeordnetenbestechung überreicht

Kauder bewegt sich (Update)

Abgeordnetenbestechung ist in Deutschland nach wie vor nicht strafbar. Ein Zustand, der für uns nicht haltbar ist. Doch der Prozess kommt in Bewegung.

von Martin Reyher, 17.10.2012

Heute Morgen haben wir dem Vorsitzenden des Bundestagsrechtsausschusses, Siegfried Kauder, in Berlin einen Gesetzesvorschlag zur Abgeordnetenbestechung überreicht. Jahrelang ist in dieser Sache nichts passiert, weil CDU/CSU und FDP eine Verschärfung des derzeit gültigen und äußerst laschen Gesetzes seit Jahren hartnäckig blockieren. Doch jetzt kommt Bewegung in das Thema. Bei unserer Übergabe erklärte Kauder:

Ich sage ganz offen: Ich bin dem Thema inzwischen aufgeschlossener gegenüber als das früher der Fall gewesen ist. Wir müssen uns mit dem Thema ernsthaft befassen, wir müssen nach Lösungen suchen, die aber nicht einfach sind.

Das überraschende Statement von Siegfried Kauder:

Kauders Hauptargument ging bislang so: Weil Abgeordnete keine Amtsträger sind, passt der Begriff des "korrupten Abgeordneten" nicht in unser strafrechtliches System. Denn korrupt könne im juristischen Sinne nur ein Amtsträger sein, also beispielsweise ein Beamter oder ein Richter. Dieses juristische Argument hat uns nicht überzeugt. Deswegen haben wir den früheren Bundesverfassungsrichter Dr. Jürgen Kühling gebeten, für uns einen Gesetzesvorschlag zu erarbeiten, den wir als Beitrag aus der Zivilgesellschaft in die Debatte einbringen. Heute früh nahm Siegfried Kauder unseren Gesetzesvorschlag in Berlin entgegen, zusammen mit unserer Petition "Abgeordnetenbestechung bestrafen!", die bislang 25.145 Menschen mitgezeichnet haben.
 

Unser Gesetzesvorschlag sieht vor, dass künftig alle sogenannten "geldwerten Zuwendungen" ab 50 Euro strafbar sind, wenn damit gleichzeitig die Arbeit eines Abgeordneten beeinflusst werden soll. Nach derzeitiger Rechtslage kann ein Lobbyist einem Politiker ungestraft 100.000 Euro zahlen, damit dieser einen Gesetzentwurf im Sinne des Lobbyisten beeinflusst. Denn nach dem Deutschen Strafgesetzbuch ist bislang nur der direkte Stimmenkauf- bzw. verkauf verboten. Dieser Paragraph 108e ist durchaus sinnvoll, aber er erfasst eben nur einen kleinen Ausschnitt von Abgeordnetenbestechung. Deswegen sieht unser Gesetzesvorschlag als Ergänzung den folgenden Paragraphen 108f vor:

§ 108 f StGB Vorteilsannahme durch Mandatsträger und Vorteilszuwendung (1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände (Mandatsträger) für eine Handlung oder Unterlassung in Ausübung des Mandats einen Vorteil für sich oder einen andern fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dasselbe gilt für Mitglieder des Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates, der Europäischen Union oder der parlamentarischen Versammlung einer sonstigen internationalen Organisation. (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mandatsträger für eine Handlung oder Unterlassung in Ausübung des Mandats einen Vorteil für diesen selbst oder einen anderen anbietet, verspricht oder gewährt. (3) Vorteile sind geldwerte Zuwendungen an den Mandatsträger oder eine von diesem benannte Person ab einem Wert von 50 Euro.

[UPDATE 18. Oktober: In der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses hat Siegfried Kauder eine Gesetzesverschärfung über den Straftatbestand der Vorteilsannahme in die Diskussion gebracht. Laut Financial Times Deutschland deutete Kauder an, dass die Vorschriften gegen Vorteilsannahme an den Paragrafen 108e angedockt werden könnten. Dies entspricht unserem Gesetzesvorschlag (s.o.). Bislang hatte Kauder eine Regelung im Strafrecht stets ausgeschlossen.] [UPDATE 22. Oktober: In einem Streitgespräch der Zeitschrift "Das Parlament" mit dem SPD-Abgeordneten Ulrich Kelber erklärt Kauder: "Ich werde mich aktiv in die Diskussion einbringen und versuchen, einen eigenen Entwurf zu präsentieren, der ein bisschen anders ausschaut als das, was wir bisher hatten. Das Grundproblem ist nämlich, dass wir immer versuchen, an Korruptionsstraftatbestände anzudocken. Das kollidiert mit der Immunität und Indemnität von Parlamentariern, die Gemeinde- oder Kreisräte nicht haben. Es könnte sinnvoll sein, diese Bereiche zu trennen. Herr Kelber, dann kommen wir möglicherweise schneller zu einer Lösung als Sie denken."]

Mit diesem Vorschlag kann unserer Meinung nach nun endlich auch eine UN-Konvention gegen Korruption umgesetzt werden, die in Deutschland seit 2003 blockiert wird. Denn ohne eine schärfere Bestrafung von Abgeordnetenbestechung im deutschen Strafrecht verfehlt Deutschland die von der UNO geforderten Mindeststandards gegen Korruption - die Voraussetzung für die Ratifizierung der UN-Konvention, die bereits in 162 Staaten in Kraft getreten ist. Deutschland steht bislang mit Ländern wie Syrien und dem Sudan abseits - wir finden das skandalös! Die ersten Äußerungen von Siegfried Kauder bei der Übergabe unseres Gesetzesvorschlags bewerten wir positiv. Doch jetzt müssen Taten folgen. Kauder erklärte am Morgen in Berlin, dass man nach der heutigen Expertenanhörung noch einmal über unseren Gesetzesvorschlag reden könne. Unsere Petition "Abgeordnetenbestechung bestrafen!" wird deswegen so lange laufen, bis der Bundestag ein wirksames Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung verabschiedet hat und die UN-Konvention gegen Korruption endlich umgesetzt ist!

Die Petition können Sie auch über dieses Formular mitzeichnen: Einfach ausdrucken, ausfüllen, unterschreiben und per Post oder Fax an uns schicken.

Nachtrag 15.15 h: Der Deutschlandfunk hat gerade in den 15 Uhr-Nachrichten über unseren Gesetzesvorschlag berichtet:

CDU-Experte signalisiert Einlenken beim Thema Abgeordnetenbestechung In der Union wächst die Unterstützung für strengere Korruptionsregeln bei Abgeordneten. Der CDU-Rechtsexperte Kauder machte sich für eine gesetzliche Neuregelung stark. Er stehe dem Thema inzwischen aufgeschlossener gegenüber als früher, sagte Kauder in Berlin. Die Onlineplattform "abgeordnetenwatch.de" hatte ihm zuvor einen eigenen Gesetzentwurf überreicht. Nach ihren Vorstellungen sollen sämtliche geldwerten Zuwendungen ab 50 Euro strafbar sein, wenn damit die Arbeit eines Abgeordneten beeinflusst werden soll. Eine entsprechende Petition wurde nach Angaben der Organisation von mehr als 25.000 Menschen unterzeichnet.

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Video: Matthias Schröter / Foto: Christopher Ramm

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