Seit Jahren fordern wir eine Reform des Paragraphen §108e des Strafgesetzbuches, der das Thema abdeckt, und auch die Ampelfraktionen haben ein solches Update in ihrem Koalitionsvertrag versprochen (genau nachlesen). Was ist seitdem passiert? Bisher noch nichts. Laut Medienberichten war eine Reform bereits auf der Zielgeraden (hier nachlesen), jetzt hat sich die EU zu diesem Thema zu Wort gemeldet und bereitet dem Justizminister Marco Buschmann (FDP) Sorgen.
Unbegründet, finden viele der sachverständigen Jurist:innen, die am letzten Monat im Rechtsausschuss zu einer neuen EU-Richtlinie angehört wurden. EU-Institutionen haben der deutschen Regierung eine Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung vorgelegt. Laut dieser Richtlinie sollen Abgeordnete mit Beamt:innen vor dem Gesetz gleich gestellt werden. Das Justizministerium sieht hierbei die Freiheit des Mandats gefährdet.
Politische Korruption de facto legal in Deutschland
Das Thema Korruptionsbekämpfung ist ein weit gefächertes, aber Abgeordnetenbestechung ist ein entscheidender Teil dieses Themenkomplexes. Der §108e StGB ist in seiner jetzigen Form ist schlicht nicht anwendbar. Das sagen nicht nur wir sondern auch das Oberlandesgericht München und der Bundesgerichtshof, die nach den Maskenaffären diverser ehemaliger CSU-Abgeordneter keine Strafen verhängen konnten. Die besagten Abgeordneten konnten selbst ihre Gewinne aus den Maskendeals behalten - das liegt schlicht an einzelnen Formulierungen in diesem Paragrafen.
Wir appellieren daher an die Ampel und insbesondere an Justizminister Marco Buschmann, die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen und den Straftatbestand schnellstmöglich zu verschärfen. Die Einschaltung der europäischen Institutionen in dieser Frage zeigt einmal mehr ihre Relevanz und sollte kein vorgeschobenes Hindernis sein, diese unerträgliche Lücke zu schließen!
Sie wollen mit uns gemeinsam Druck auf die Ampelfraktionen und das Justizministerium machen, damit §108e StGB umgehend reformiert wird? Dann unterschreiben Sie jetzt unsere Petition (hier)!
Diese Formulierungen führen dazu, dass das Gesetz praktisch wirkungslos bleibt
„Bei der Wahrnehmung ihres Mandates“ bedeutet, dass Abgeordnete nur belangt werden können, wenn sie sich bei ihrer Arbeit im Parlament bestechen lassen. Zum Beispiel, wenn sie Geld annehmen, um bei einer Abstimmung im Sinne des oder der Auftraggeber:in zu stimmen. Völlig legal ist es hingegen, wenn Abgeordnete als Privatpersonen ihre politischen Kontakte und die Autorität ihres Mandats nutzen, um sich und anderen einen Vorteil zu verschaffen - zum Beispiel in ihrem privaten Beruf als Anwalt oder Beraterin.
Auch die Worte „im Auftrag oder auf Weisung“ führen zu Problemen: Es ist nahezu unmöglich, korrupten Politiker:innen einen konkreten Auftrag oder eine Weisung durch Auftraggeber:innen bzw. Bestecher:innen nachzuweisen. Denn kein:e Politiker:in ist so dumm, sich vor dem Deal - am besten noch schriftlich - einen Auftrag erteilen zu lassen.
Wenn das Bestechungsgeld erst nach der Mandatszeit bezahlt wird, greift das Gesetz nicht.