„Wir werden das Lobbyregistergesetz nachschärfen, Kontakte zu Ministerien ab Referentenebene einbeziehen und den Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertretungen grundrechtsschonend und differenziert erweitern.“ (S. 10)
Die Ampelkoalition hat das Lobbyregister im Oktober 2023 nachgebessert, die Änderungen sind seit März 2024 in Kraft. Nach der Gesetzesreform müssen Lobbyist:innen und insbesondere auch Lobbyagenturen nun im Lobbyregister offenlegen, auf welches Gesetzesvorhaben sie mit welchen Stellungnahmen Einfluss genommen haben.
Diese Verschärfung haben wir lange gefordert. Unser Engagement und unsere Petition mit über 40.000 Unterschriften für „Volle Lobbytransparenz jetzt!“ haben sich in diesem Punkt also gelohnt. Dennoch bleibt die Reform hinter unseren Erwartungen zurück. So wurde unter anderem die ursprünglich im Koalitionsvertrag vereinbarte Offenlegung der Kontakte zu Referent:innen nicht erreicht, obwohl diese in den Ministerien überwiegend für die Ausarbeitung von Gesetzen zuständig sind. Solche Papiere werden auch Referent:innen-Entwürfe genannt.
Ohne gesetzliche Kontakttransparenz, also die genaue Offenlegung, WER wann mit WEM in welcher Form Einfluss genommen hat, bringt das Lobbyregister nicht die notwendige Transparenz. Auch die jetzigen Reformen bringen den Kontakt zwischen Lobbyist:innen und Abgeordneten oder deren Mitarbeiter:innen nicht ans Licht. Stattdessen ist die Öffentlichkeit weiterhin darauf angewiesen, dass entweder zivilgesellschaftliche Akteure wie wir oder Anfragen der Opposition dafür sorgen, dass einzelne Lobbytreffen bekannt werden. Das bleibt lückenhaft und unvollständig.
Wir wollen, dass Lobbyist:innen selbst in die Pflicht genommen werden, ihre konkrete Einflussnahme auf die Politik aufzuzeigen. Schließlich sind sie auch die größten Nutznießer:innen dieser Einflussmöglichkeit. Nur so kann jede(r) Bürger:in nachvollziehen, wie Gesetze oder politische Positionen zustande kommen und ob alle Interessenvertreter:innen eines Anliegens auch gleichberechtigt Gehör gefunden haben. In anderen Ländern wie Kanada, den USA und auch auf EU-Ebene ist diese Offenlegung längst üblich.
Unzufrieden sind wir auch über die Ausnahmeregelungen für Arbeitgeber:innen- und Arbeitnehmer:innenverbände sowie Kirchen bzw. Religions- und Weltanschauungsgesellschaften, die die Stellung des Lobbyregisters schwächen. Eine weitere fragwürdige Regelung betrifft die Veröffentlichung von grundlegenden Stellungnahmen und Gutachten von Lobbyist:innen. Diese müssen zwar auf den Internetseiten der Ministerien veröffentlicht werden, dürfen aber nicht im Lobbyregister erscheinen.
Zudem bleibt unklar, wie die Einträge im Lobbyregister überprüft werden sollen. Wir plädieren hier für die Einführung einer unabhängigen, demokratisch gewählten Prüfinstanz, deren Mitglieder frei von Interessenkonflikten und parteipolitischer Einflussnahme sind, ähnlich der französischen obersten Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben. Diese Stelle muss die Einträge umfassend und transparent kontrollieren. Und bei Verstößen müssen wirksame Sanktionen verhängt und zeitnah transparent gemacht werden. Das fordern wir auch in unserer neuen Petition "Unabhängige Transparenz-Kontrolle jetzt!” die bereits viel Unterstützung erhalten hat.
Die Änderungen erfüllen zwar das Mindestmaß an Transparenz, aber die Ampel hat sich nicht getraut, den Lobbyismus für die Bürger:innen vollständig sichtbar zu machen. Es fehlte der gemeinsame aktive Gestaltungswille. Wir werden uns auch bei der künftigen Bundesregierung für „Volle Lobbytransparenz jetzt!“, für ein wirksames Lobbyregister mit echter Kontakttransparenz und für eine „Unabhängige Transparenz-Kontrolle jetzt!“ einsetzen.