Mit den Kampagnen von abgeordnetenwatch.de können Sie sich direkt an die Politik wenden. So machen wir gemeinsam Druck für mehr Transparenz in der Politik, mehr Bürgerbeteiligung und frei zugängliche Informationen.

Diese 223 Abgeordneten fordern Komplettveröffentlichung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent

Alle Nebeneinkünfte auf den Tisch - das fordert in einem Transparenzcheck von abgeordnetenwatch.de mehr als jeder Dritte Bundestagsabgeordnete. Selbst einige Politiker mit bezahlten Nebenjobs treten für eine Komplettveröffentlichung ein. In einer Fraktion gibt es allerdings starke Vorbehalte.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 07.08.2014

Foto Steinbrück
Vor einiger Zeit demonstrierte abgeordnetenwatch.de am Beispiel des Vortragsredners Peer Steinbrück, was von den neuen Veröffentlichungspflichten für Bundestagsabgeordnete zu halten ist:

Nicht besonders viel.

Denn trotz schärferer Regeln blieb über die Hälfte von Steinbrücks Vortragshonoraren nach wie vor im Dunkeln. Die 2013 von Schwarz-Gelb beschlossenen Transparenzregeln entpuppten sich also als eine ziemliche Mogelpackung - und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Vergangene Woche hatte abgeordnetenwatch.de die Mindesteinkünfte aller Bundestagsabgeordneten veröffentlicht und damit eine öffentliche Diskussion angestoßen. Das Problem an der unbekannten Höhe von Einkünften: Je höher die Beträge, die ein Parlamentarier nebenbei kassiert, desto größer ist die Gefahr von Interessenkonflikten. Allein der Rechtsanwalt und CSU-Politiker Peter Gauweiler hat seit Beginn der Legislaturperiode von zwei Mandanten jeweils mehr als 250.000 Euro kassiert; ob es um 250.001 Euro ging oder um mehrere Millionen, wird wegen der intransparenten Veröffentlichungsregeln nicht öffentlich.

Genau das wollen viele Bundestagsabgeordnete ändern, wie eine Auswertung von abgeordnetenwatch.de zeigt. Im Vorfeld der Bundestagswahl im vergangenen September hatten wir allen Kandidatinnen und Kandidaten einen „Transparenzcheck“ vorgelegt. Abgefragt wurde darin u.a., ob sie sich im Falle ihrer Wahl für die komplette Offenlegung aller Nebeneinkünfte einsetzen werden. Ergebnis: 223 der 631 gewählten Bundestagsabgeordneten sagten den Wählerinnen und Wählern zu, in dieser Wahlperiode für volle Transparenz bei der Höhe der Nebeneinkünfte einzutreten.

Besonders erfreulich: Die Forderung nach voller Transparenz kommt von Abgeordneten aus allen Bundestagsfraktionen. Bei SPD und Linken ist die Zustimmung am höchsten, fast zwei Drittel der Parlamentarier sprechen sich dafür aus. Unter den Volksvertretern der Grünen wollen sich immerhin mehr als die Hälfte für die Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent einsetzen. Deutlich weniger Unterstützer finden sich bei der Union. Von den 56 CSU-Parlamentariern will sich sogar nur ein einziger für volle Transparenz starkmachen. Dazu muss man wissen: In den Reihen der CSU-Landesgruppe gehen anteilsmäßig die meisten Abgeordneten einem bezahlten Nebenjob nach.

Mit Ausnahme der CSU gibt es in allen Parteien Bundestagsabgeordnete, die Nebeneinkünfte beziehen und sich für eine verbindliche Veröffentlichung auf Euro und Cent einsetzen. Einer von ihnen ist der CDU-Abgeordnete Roy Kühne, der als Physiotherapeut seit vergangenem Oktober auf der Bundestagshomepage Brutto-Einkünfte (Umsätze) von mindestens 97.500 Euro angegeben hat. Auch Kühnes Fraktionskollege Reinhard Grindel, im Nebenjob Schatzmeister beim DFB, der SPD-Abgeordnete Joachim Poß, Aufsichtsrat der RAG Steinkohle AG mit Jahreseinkünften von mindestens 30.000 Euro und die Gewerkschaftssekretärin und Linken-Politikerin Jutta Krellmann wollen sich für eine Komplettoffenlegung einsetzen.

Diese Abgeordneten fordern die Offenlegung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent:

Tabelle als pdf-Download

[Update 8./12./25.8.2014: Die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) schrieb uns: "Diese Forderung [nach Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent] unterstütze ich gern!" Auch die beiden SPD-Abgeordneten Sabine Dittmar und Rita Schwarzelühr-Sutter sowie Markus Kurth von den Grünen erklärten gegenüber abgeordnetenwatch.de, sie teilten die Forderung ebenfalls. Alle drei Parlamentarierinnen hatten sich im Vorfeld der Bundestagswahl nicht am Transparenzcheck beteiligt und fehlen deswegen in oben stehender Liste.]
 

Transparenz bei Nebeneinkünften - das können Sie tun:

  • Unterschreiben Sie jetzt die Petition "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!" und teilen Sie sie in den sozialen Netzwerken. Wenn 50.000 Unterschriften zusammen gekommen sind, wird abgeordnetenwatch.de die Petition an die Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen übergeben.
  • Konfrontieren Sie die Politikerinnen und Politiker via abgeordnetenwatch.de und über die sozialen Netzwerke mit der Offenlegung von Nebeneinkünften: Was haben die in der Excel-Liste aufgeführten Abgeordneten bereits unternommen, damit Nebeneinkünfte komplett veröffentlicht werden müssen? Wie stehen die Abgeordneten, die nicht in der Excel-Liste vorkommen, zu einer Komplettveröffentlichung? Hier können Sie ihre Fragen auf abgeordnetenwatch.de stellen...
  • Bleiben Sie auf dem Laufenden über den Fortgang der Petition. In unserem kostenlosen und unverbindlichen Newsletter werden wir sie regelmäßig informieren. Hier können Sie sich in den Verteiler eintragen.

 

Übrigens: Einige Abgeordnete gehen mit gutem Beispiel voran und veröffentlichen auf freiwilliger Basis Angaben wie Steuerbescheide, Höhe der Nebeneinkünfte, Spenden, Lobbykontakte u.ä.. Einige Beispiele:
Ulrich Kelber, Hubert Hüppe, Kathrin Vogler, Ulrich Schneider, Uwe Schummer.

Die Abgeordneten Marco Bülow und Gerhard Schick haben vor einiger Zeit einen Verhaltenscodex für Parlamentarier inittiert, dem sich aktuell 42 Politikerinnen und Politiker angeschlossen haben. Mit Unterzeichnung des Kodex verpflichten sie sich, freiwillig u.a.

  • ihre Nebeneinkünfte komplett offen zu legen und zu begrenzen,
  • ihre Dienstreisen und Lobbytermine transparent zu machen,
  • nach der Beendigung der Abgeordnetentätigkeit für mindestens drei Jahre keiner Tätigkeit für Unternehmen, Verbände oder andere Organisationen nachzugehen, die zu einem erheblichen Teil aus Lobbyarbeit besteht,
  • jede Geldspende und geldwerte Zuwendungen über 1.000 Euro sowie den Namen des Spenders veröffentlichen,
  • von Unternehmen und Lobbyisten keine Geschenke oder Essenseinladungen über einem Wert von 100 Euro anzunehmen,
  • Einsicht in ihren Steuerbescheid zu geben (unter Schwärzung der privaten Daten).

Mehr dazu im abgeordnetenwatch.de-Blog: Bundestagsabgeordnete begrenzen freiwillig Nebeneinkünfte und legen Lobbyistenkontakte offen

Moritz Küster


Update 15.8.2014:
In der Tabelle der Abgeordneten, die sich für eine Komplettoffenlegung von Nebeneinkünften aussprechen, fehlte zunächst der Grünen-Politiker Wolfgang Strengmann-Kuhn, der sich im Vorfeld der Bundestagswahl am Transparenzcheck von abgeordnetenwatch.de beteiligt hatte. Wir haben ihn nun nachgetragen. Zusammen mit den weiteren Abgeordneten, die nicht beim Transpaerenzcheck mitgemacht haben, sich gegenüber abgeordnetenwatch.de aber für eine Veröffentlichung auf Euro und Cent aussprachen, treten nun mindestens 228 Parlamentarierinnen und Parlamentarier für volle Transparenz bzgl. der Höhe von Nebeneinkünften ein.


Lesen Sie außerdem:

 

Lizenz: Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-SA 4.0.

Jetzt Petition unterzeichnen