Obwohl der 58-seitige Änderungsantrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf den ersten Blick eine deutliche Verbesserung zu bieten scheint, bleiben die nun angestrebten Transparenzstandards hinter unseren Erwartungen zurück. Das Mindestmaß an Transparenz wird durch die Änderungen zwar erfüllt, aber die Ampel traut sich nicht, Lobbyismus für Bürger:innen vollständig sichtbar zu machen. Ein gemeinsamer aktiver Gestaltungswille bei den Ampelfraktionen fehlt hier.
Nach einer Kontakttransparenz sucht man nach den Änderungen auch weiterhin vergeblich. Damit Bürger:innen allerdings nachvollziehen können, welche Lobbyist:innen zu welchem Thema mit der Politik in Kontakt treten ist eine solche unumgänglich. In anderen Ländern wie Kanada, den USA und auf EU-Ebene ist eine Offenlegung aller Kontakte längst üblich.
Unabhängige Kontrollinstanz fehlt
Die fehlende Kontakttransparenz ist aber nicht der einzige Kritikpunkt. Die Koalition war nicht in der Lage, die im Koalitionsvertrag festgehaltene Vereinbarung umzusetzen, die eine Offenlegung der Kontakte von Lobbyist:innen zu Referent:innen in den Ministerien vorsah. Dies ist besonders problematisch, da ein erheblicher Teil der Gesetzgebung auf dieser Ebene stattfindet: Gesetzesentwürfe werden auch als Referent:innenentwürfe bezeichnet. Zudem bleibt unklar, wie die Einträge im Lobbyregister überprüft werden sollen.
Wir plädieren hier für die Einführung einer unabhängigen Kontrollinstanz, ähnlich der französischen Hohen Behörde für die Transparenz des öffentlichen Lebens, die die Eintragungen überprüft und sanktioniert. Eine solche Stelle hätte auch den unerlaubten Lobbyaktivitäten des ehemaligen CSU-Verkehrsministers Peter Ramsauer nachgehen können, die erst diese Woche durch eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Pascal Meier (hier nachlesen) bekannt wurden.
Nicht zu leistende Holschuld der Bürger:innen
Eine weitere fragwürdige Regelung betrifft die Veröffentlichung von grundlegenden Stellungnahmen und Gutachten von Lobbyist:innen. Diese müssen zwar veröffentlicht werden, dürfen aber im Lobbyregister fehlen und stattdessen auf den Websites der Ministerien veröffentlicht werden. Diese Regelung belastet die Bürger:innen mit einer unzumutbaren Recherche- und Holschuld, die nicht zur gewünschten Transparenz und dem Vertrauen in die Demokratie führen wird.
Das Inkrafttreten der geplanten Änderungen wird vom 1.Januar 2024 auf den 1. März 2024 verschoben, da die technischen Änderungen nach Angaben der Bundesregierung nicht schneller adäquat umgesetzt werden können.
Meinungen zu den anstehenden Änderungen
Aus der Union kam Kritik an der Änderung des Gesetzes. Patrick Schnieder von der CDU sagte "Dieses Gesetz ist vollkommen vermurkst. Es führt zu mehr Intransparenz und mehr Bürokratie". Die Kritik der Union bezieht sich hierbei hauptsächlich auf die neue Regelung für spendenfinanzierte Organisationen. Laut seiner Aussage müssen "links-grüne Vorfeldorganisationen" nun nicht mehr offenlegen wie sie finanziert werden. Seine Beispiele bezogen sich überwiegend auf Umweltschutzorganisationen und ließen andere spendenfinanzierte Organisationen größtenteils außer Acht.
Für die Ampelfraktionen wurde jedoch deutlich, dass Lobbyarbeit nicht zwingend etwas schlechtes ist, jedoch für Bürger:innen transparent sein muss. Mit den neuen Änderungen sei dies nun mehr gegeben und sie zeigten sich zufrieden mit den Ergebnissen.
Die Änderungen im Lobbyregistergesetz sind ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, jedoch gibt es immer noch einige Lücken zu schließen. Auch fehlte die Vorlage des Gesetzes zum Fußabdruck vollkommen, was von den Ampelfraktionen dringend nachgeholt werden sollte.
Die Stellungnahme von abgeordnetenwatch.de zur Anhörung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zur Reform des Lobbyregisters vom September 2023 finden Sie hier.