EU-Vertrag von Lissabon

Mit erforderlicher Zwei-Drittel-Mehrheit hat der Bundestag dem EU-Reformvertrag von Lissabon zugestimmt. Einzig die Linksfraktion stimmte geschlossen mit Nein. Der Vertrag soll 2009 an die Stelle der gescheiterten europäischen Verfassung treten und die EU effizienter machen.

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Dafür gestimmt
514
Dagegen gestimmt
58
Enthalten
1
Nicht beteiligt
38
Abstimmungsverhalten von insgesamt 611 Abgeordneten.
Name Absteigend sortieren FraktionWahlkreisStimmverhalten
Portrait von Antje TillmannAntje TillmannCDU/CSU194 - Erfurt - Weimar - Weimarer Land II Dafür gestimmt
Portrait von Florian ToncarFlorian ToncarFDP261 - Böblingen Dafür gestimmt
Portrait von Jürgen TrittinJürgen TrittinDIE GRÜNEN53 - Göttingen Dafür gestimmt
Dr. Axel TroostAxel TroostDIE LINKE54 - Bremen I Dagegen gestimmt
Portrait von Hans-Peter UhlHans-Peter UhlCDU/CSU222 - München West/Mitte Dafür gestimmt
Foto von Alexander UlrichAlexander UlrichDIE LINKE211 - Kaiserslautern Dagegen gestimmt
Portrait von Arnold VaatzArnold VaatzCDU/CSU161 - Dresden II - Meißen I Dafür gestimmt
Portrait von Jörg van EssenJörg van EssenFDP146 - Hamm - Unna II Dafür gestimmt
Portrait von Rüdiger VeitRüdiger VeitSPD175 - Gießen Dafür gestimmt
Portrait von Simone ViolkaSimone ViolkaSPD165 - Chemnitzer Land - Stollberg Dafür gestimmt
Portrait von Volkmar VogelVolkmar VogelCDU/CSU196 - Greiz - Altenburger Land Dafür gestimmt
Portrait von Jörg VogelsängerJörg VogelsängerSPD63 - Frankfurt (Oder) - Oder-Spree Dafür gestimmt
Portrait von Marlies VolkmerMarlies VolkmerSPD160 - Dresden I Dafür gestimmt
Portrait von Eckart von KlaedenEckart von KlaedenCDU/CSU48 - Hildesheim Dafür gestimmt
Portrait von Christian von StettenChristian von StettenCDU/CSU269 - Schwäbisch Hall - Hohenlohe Dafür gestimmt
Portrait von Karl Theodor von und zu GuttenbergKarl Theodor von und zu GuttenbergCDU/CSU241 - Kulmbach Dafür gestimmt
Portrait von Andrea VoßhoffAndrea VoßhoffCDU/CSU60 - Brandenburg a. d.Havel - Potsdam-Mittelmark I - Havelland III - Teltow-Fläming I Dafür gestimmt
Portrait von Gerhard WächterGerhard WächterCDU/CSU138 - Paderborn Dafür gestimmt
Portrait von Christoph WaitzChristoph WaitzFDP155 - Leipziger Land - Muldentalkreis Dafür gestimmt
Marco WanderwitzCDU/CSU165 - Chemnitzer Land - Stollberg Dafür gestimmt
Portrait von Hedi WegenerHedi WegenerSPD37 - Lüchow-Dannenberg - Lüneburg Dafür gestimmt
Portrait von Kai WegnerKai WegnerCDU/CSU79 - Berlin-Spandau-Charlottenburg Nord Dafür gestimmt
Portrait von Andreas WeigelAndreas WeigelSPD167 - Zwickauer Land - Zwickau Dafür gestimmt
Portrait von Marcus WeinbergMarcus WeinbergCDU/CSU20 - Hamburg-Altona Dafür gestimmt
Portrait von Peter WeißPeter WeißCDU/CSU284 - Emmendingen-Lahr Dafür gestimmt

Das Vertragswerk von Lissabon soll die EU nach innen funktionsfähiger und nach außen handlungsfähiger machen. Durch die EU-Erweiterung auf 27 Mitgliedsstaaten war es zuletzt immer schwieriger geworden, mit der bisherigen institutionellen Ausgestaltung der Union Entscheidungen zu treffen. Dieses Problem zeigte sich beispielsweise in zentralen Politikfeldern, in denen einzelne Staaten durch ein Veto Entscheidungen blockieren konnten. In Zukunft soll es nur noch in Ausnahmefällen Veto-Entscheidungen geben, in der Regel soll nach dem Mehrheitsprinzip abgestimmt werden.

Um bevölkerungsreiche Länder wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien nicht gegenüber kleinen Staaten wie Litauen oder Zypern zu benachteiligen, wurde mit dem Lissabon-Vertrag das Prinzip der doppelten Mehrheit eingeführt: Eine Entscheidung kommt dann zustande, wenn mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten zustimmen, die insgesamt 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.

Weitere Änderungen durch den Vertrag von Lissabon: Um mehr Kontinuität zu gewährleisten, soll der EU-Ratspräsident nicht wie bisher nur ein halbes Jahr amtieren, sondern vom Rat der Staats- und Regierungschefs auf zweieinhalb Jahre gewählt werden. Durch die längere Amtszeit wird dem Ratspräsidenten außerdem mehr Gewicht verliehen. Die EU wird von einer Art Außenminister, dem "Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik" repräsentiert. Dieser soll einen diplomatischen Dienst erhalten und Vizepräsident der EU-Kommission werden. In der Kommission fällt der Posten des Außenkommissars weg. Die zur Zeit 27 Mitglieder umfassende EU-Kommission soll schlanker werden. Ab 2014, wenn die Kommission auf zwei Drittel der EU-Staaten verkleinert werden soll, stellt nicht mehr jedes Mitgliedsland einen Kommissar. Stattdessen wechseln sich die einzelnen Länder ab. Das EU-Parlament soll einerseits gestärkt werden und muss künftig bei fast allen Entscheidungen der Union zustimmen. Andererseits bleibt das Parlament nach wie vor ohne Mitspracherecht bei Entscheidungen, die die Außen- und Sicherheitspolitik betreffen. Auch darf das EU-Parlament weder eigene Gesetze vorlegen noch den Ratspräsidenten bestimmen. Erstmals kann ein Mitgliedsstaat aus der EU austreten.

Die Fraktionen des Bundestags können gegen die EU-Kommission klagen, wenn diese ihre Kompetenzen überschreiten sollte. Gegenüber dem Verfassungsvertrag, der 2005 nach ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden verworfen wurde, verzichtet der Vertrag von Lissabon u.a. auf: staatstypische Symbole wie Flagge und Hymne, die Bezeichnung "Verfassung", die Schaffung des Amtes eines EU-Außenministers (nun: "Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik"), die Aufnahme der Grundrechtecharta, diese wird allerdings durch einen Verweis für rechtsverbindlich erklärt (außer in Großbritannien und Polen). eine sofortige Einführung der doppelten Mehrheit bei Abstimmungen, dieses Prinzip wird erst ab 2014 eingeführt (s.o.).

Als einzige Fraktion stimmte die Linke gegen den EU-Vertrag. Trotz Verbesserungen gegenüber dem Beschluss von Nizza wie die erweiterten Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parlaments, die Verbindlichkeit für die EU-Grundrechtecharta und die ersten Schritte für partizipative Demokratie seien auch die Nachteile zu sehen. Insgesamt habe der Lissabon-Vertrag einen "neoliberalen Geist". Es handele sich um einen Vertrag der Regierenden, nicht der Bürgerinnen und Bürger. Die Linke hatte für eine Volksabstimmung über das Vertragswerk plädiert. (Abstimmungsverhalten auf bundestag.de [pdf]) Am 13. Dezember 2007 hatten die Staats- und Regierungschefs das Vertragswerk in Lissabon unterzeichnet. Erst wenn alle 27-EU-Mitgliedsstaaten den Vertrag ratifiziert haben, kann dieser zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.In Deutschland fehlt noch die Zustimmung des Bundesrats am 23. Mai 2008.

Im Zusammenhang mit dem EU-Vertrag von Lissabon beschloss der Bundestag auch die Änderung der Grundgesetz-Paragrafen 23, 54 und 93. Durch die Verfassungsänderung soll sichergestellt werden, dass die direkten Mitwirkungsrechte, die der Vertrag den nationalen Parlamenten gegenüber Organen der Europäischen Union einräumt, von Bundestag und Bundesrat auch wahrgenommen werden können. (Abstimmungsverhalten bei bundestag.de [pdf]). Der Abgeordnete Dr. Peter Gauweiler hat indes Verfassungsbeschwerde gegen die Ratifizierung des Vertrags eingelegt. Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, hat Bundespräsident Köhler angekündigt, werde er den Vertrag nicht unterschreiben.

Weiterführende Links

Gesetzentwurf zum EU-Vertrag von Lissabon (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drs. 16/8300)