Peer Steinbrück in der ARD-Sendung Beckmann zu seinen verpassten Bundestagssitzungen und Honorarvorträgen sowie Joachim Gauck zur Notwendigkeit, dass Bürger unsere Abgeordneten öffentlich unter die Lupe nehmen:
Wenn Peer Steinbrück dieser Tage sein Buch „Unterm Strich“ vorstellt, kommt er um kritische Fragen zu seinen verpassten Parlamentssitzungen und den gut bezahlten Honorarvorträgen nicht herum. Letzten Donnerstag hakten Journalisten bei der offiziellen Buchpräsentation nach, ohne freilich eine befriedigende Antwort zu erhalten (mehr bei Spiegel Online). Gestern abend konfrontierte ihn Reinhold Beckmann in der ARD mit den abgeordnetenwatch.de-Recherchen, die wir vor einigen Wochen hier im Blog veröffentlicht hatten.
In einem kurzen Einspielfilm, der Beckmanns Studiogästen Steinbrück und Joachim Gauck gezeigt wird, fasst Gregor Hackmack von abgeordnetenwatch.de noch einmal den „Fall Steinbrück“ zusammen: 12 von 19 verpasste Abstimmungen seit der Bundestagswahl im September 2009; 29 Honorarvorträge für jeweils mindestens 7.000 Euro, wobei er mindestens zweimal Bundestagssitzungen fernblieb, am selben Tag aber einen Vortrag hielt; keine öffentliche Beantwortung von Bürgerfragen. Während des Einspielfilms kommentiert Steinbrück - für die Fernsehzuschauer nicht hörbar – offenbar die von abgeordnetenwatch.de dargestellten Fakten, denn als der Film zu Ende ist, sagt Reinhold Beckmann zu Steinbrück:
Sie haben gerade gesagt: Das ist ein kommerzieller Haufen...
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Im Gegensatz zu Steinbrück hält der zweite Studiogast bei Beckmann, der ehemalige Kandidat für das Bundespräsidentenamt, Joachim Gauck, unabhängige Initiativen wie abgeordnetenwatch.de für unbedingt notwendig. Von Beckmann auf abgeordnetenwatch.de angesprochen, sagt er:
Wenn es Bürgervereine gibt, die ihre Politiker etwas in Gang setzen wollen und die Kommunikation verbessern, finde ich das nur begrüßenswert.... Es ist gut, dass sie [die Politiker] gefragt werden, und dass sie auch einen Rechtfertigungsdruck haben. Das finde ich nicht schlecht.
Als es in der Sendung um abgeordnetenwatch.de geht, kommt Peer Steinbrück richtig in Fahrt.
Sie sollen nicht so tun, als ob sie etwas im Sinne der Bürger tun.
Aus der Sicht eines ertappten Politikers mag man diese Position sogar nachvollziehen. Aus der Sicht eines Bürgers und Steuerzahlers ist die Information, dass ein gut bezahlter Bundestagsabgeordneter im Parlament – vorsichtig ausgedrückt – nicht zu den Engagiertesten gehört und zugleich als gut bezahlter Redner auf Messen unterwegs ist, zumindest hilfreich.
Etwas Gutes hat die andauernde öffentliche Konfrontation Steinbrücks mit seinen geschwänzten Bundestagssitzungen immerhin. Erstmals äußerte er bei Beckmann leise Selbstkritik und gab zu verstehen, dass er mit seinen zahlreichen Honorarvorträgen bei gleichzeitiger Abwesenheit im Parlament in der Vergangenheit vielleicht etwas überzogen hat: „Ich werde das zu dosieren wissen“.
Nachtrag vom 22.09.2010:
Die Hamburger Morgenpost berichtet heute:
Schau'n wir mal...
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