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"Peinlich, dass ein Gericht dem Bundestag Lektionen erteilen muss": Reaktionen auf das Parteispenden-Urteil

"Manche Partei dürfte jetzt ins Schwitzen geraten": Das von abgeordnetenwatch.de erstrittene Parteispenden-Urteil gegen die Bundestagsverwaltung hat vielfältige Reaktionen in Medien und der Politik hervorgerufen – eine Auswahl.

von Martin Reyher, 03.05.2018

Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg muss uns die Bundestagsverwaltung sämtliche Korrespondenzen, Vermerke, Notizen, Dienstanweisungen und sonstige amtliche Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Parteispenden herausgeben (OVG 12 B 6.17 und OVG 12 B 7.17). 

Die Berliner Zeitung kommentiert das Urteil in ihrer Printausgabe:

"Manche Partei dürfte jetzt ins Schwitzen geraten. Denn damit ist der Bundestag dazu verpflichtet, detaillierter als je zuvor Auskunft über Spenden an die Parteien zu geben, die den Wert von 10 000 Euro übersteigen. Sogar interne Korrespondenzen und Dienstvermerke aus vergangenen Jahren müssen offengelegt werden, von denen die Verfasser dachten, dass sie nie das Licht der Welt erblicken. […] Traurig ist, dass die Parteien nur durch Klagen zu dieser Offenheit zu bewegen sind. Aber dass wir in einem Rechtsstaat leben, in dem das überhaupt möglich ist, und dass es Vereine gibt, die kämpfen und die – kurz gesagt – tun, wofür alle anderen zu faul sind, das sollten wir feiern."

STERN-Reporter Hans-Martin Tillack twitterte:

"Parlamentsverwaltung muss interne Unterlagen zu Parteispenden offenlegen. OVG- Berlin-Brandenburg entscheidet zu Gunsten von Kläger @a_watch. Peinlich, dass ein Gericht dem #Bundestag beim Thema Transparenz Lektionen erteilen muss"

Auch in dem empfehlenswerten Polit-Podcast "Lage der Nation" (Ausgabe 97) geht es um das Parteispenden-Urteil. Der Journalist Philip Banse (u.a. Deutschlandfunk) und der Jurist Ulf Buermeyer gehen auch auf eine mögliche Revision durch die Bundestagsverwaltung ein (ab 1:13:35): Philip Banse: "Die Bundestagsverwaltung hat das noch nicht offiziell bekannt gegeben, aber in der Verhandlung angedeutet. […] Wobei man sich anhand der Reaktionen der Oberverwaltungsrichter schon fragt, wie die Richter in Leipzig zu irgend einem anderen Urteil kommen wollen. Und da frag ich mich natürlich…: Der Verein [gemeint ist der Trägerverein von abgeordnetenwatch..de, Parlamentwatch e.V.], der muss jetzt einige Tausend Euro vorschießen. Wenn sie gewinnen, kriegen sie es zurück, aber sie müssen es erstmal durchfinanzieren. Und die Bundestagsverwaltung steht da und hat halt Steuermittel." Ulf Buermeyer: "Und das ist doch eine wirklich problematische Entscheidung. Wieso eigentlich werden jetzt Steuermittel dafür eingesetzt, dass die Bundestagsverwaltung durch drei Instanzen verhindert, dass die Öffentlichkeit kontrolliert, wie die Parteien kontrolliert werden? Das ist doch skurril, dass wir quasi mit unseren Steuermitteln dafür bezahlen, dass verhindert wird, dass die Parteienfinanzierung durchleuchtet wird." Philip Banse: "In dieser mündlichen [Gerichts]-Verhandlung hast du zumindest eine kulturelle Antwort auf diese Frage gefunden. Die Bundestagsverwaltung war da präsent mit drei, vier Juristen. […] Und aus allem, was sie gesagt haben – finde ich – strömt eine völlig veraltete Vorstellung, ein völlig veraltetes Selbstverständnis von einer demokratischen Behörde. Die leben in dem Glauben: Wir haben die Akten, das sind unsere Akten – wir sind im Besitz der Weisheit, wir entscheiden was richtig und was falsch ist, wir entscheiden, was die Öffentlichkeit verträgt an Informationen und was sie besser nicht zu hören bekommt. […] Dieser Geist weht aus dieser Behörde." [Keine Recherche mehr verpassen: Hier können Sie sich in den kostenlosen abgeordnetenwatch.de-Newsletter eintragen] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber, der als nächster Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit im Gespräch ist, schrieb auf Twitter: "Ich hoffe nur, dass es jetzt eine Mehrheit im Bundestag dafür gibt, gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht Revision einzulegen, sondern die Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes jetzt im vollen Umfang zu akzeptieren #fig."

ZDF-Redakteurin Birte Meier (Frontal 21) erinnerte daran, was einer der Anlässe für die abgeordnetenwatch.de-Klage gewesen war. Auf Twitter schrieb sie:

"Bundestagsverwaltung muss Dokumente offenlegen. @a_watch hatte geklagt, nach Recherchen von @frontal21 über @fdp –Finanzen im Rechenschaftsbericht von 2013."
(Hintergründe zum Frontal21-Beitrag "Finanztrickserei bei der FDP – Geschönte Bilanz“ können Sie hier nachlesen)

Medienberichterstattung zum Urteil (Auswahl):

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