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Zu viele Nebentätigkeiten - CDU-Bundestagsabgeordneter nicht mehr aufgestellt

Zu viele Nebentätigkeiten, zu selten im Wahlkreis: Dafür hat die CDU-Parteibasis jetzt den Bundestagsabgeordneten Rolf Koschorrek abgestraft. Bei der Kandidatenaufstellung zur anstehenden Bundestagswahl im Herbst 2013 fiel der langjährige Abgeordnete gegen seinen weitgehend unbekannten Herausforderer mit 80 zu 219 Stimmen durch. Damit ist bereits jetzt klar: Koschorrek wird nach der Wahl nicht mehr im Bundestag sitzen.

von Martin Reyher, 14.11.2012

Von einem „Paukenschlag" berichtet heute das Hamburger Abendblatt. Die Quittung für den Gesundheitspolitiker sei „sogar in der Bundesregierung mit Erstaunen registriert“ worden. Ein wahres Politikum sind dem Bericht zufolge die Gründe für die Nicht-Nominierung:

Neben der mangelnden Präsenz in der Heimat gab es einen weiteren Vorwurf: Die Höhe der Nebeneinkünfte des Kandidaten Koschorrek sei viel zu hoch, hieß es schon vor der Wahl. In der Tat hielt Rolf Koschorrek laut der Internet-Plattform abgeordnetenwatch.de seit 2009 immerhin 36 Vorträge für Unternehmen und Verbände. Seine Dienste ließ er sich fürstlich entlohnen: In den meisten Fällen lag sein Honorar zwischen 1000 und 3500 Euro, in einem Fall bei mehr als 3500 Euro. Dazu kommen zahlreiche Aufsichts- und Beiratsfunktionen in Unternehmen und Verbänden und seine Tätigkeit als Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe. Zwischen 3500 und 7500 Euro verdient der Zahnarzt allein damit - jeden Monat.

Aktuell, so die Zeitung, rangiere Koschorrek unter den Topverdienern im Deutschen Bundestag. In Kombination mit der langen Abwesenheit im Wahlkreis habe dies nach Ansicht der Parteibasis das Fass zum Überlaufen gebracht, erklärte der der CDU-Kreisvorsitzende in Koschorreks Wahlkreis Steinburg, Heiner Rickers, dem Abendblatt. Besonders entscheidend soll dabei gewesen sein, dass der Bundestagsabgeordnete bei den obligatorischen Vorstellungsrunden offen zugegeben habe, dass er die zahlreichen Nebeneinkünfte brauche, um auch nach der Politik eine berufliche Perspektive zu haben. Das, so der Kreisvorsitzende, „will natürlich keiner hören. Die Niederlage war deshalb eine mit Ansage."

Das Argument der „beruflichen Perspektive“ für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag wird von Politikern gerne bemüht, doch im Fall von Rolf Koschorrek klingt es wenig überzeugend. Nach seinem Studium der Zahnmedizin und einer dreijährigen Assistenzzeit war der CDU-Politiker nach eigenen Angaben zwanzig Jahre als Zahnarzt tätig, in den Jahren 2005 bis 2009 sogar parallel zur Arbeit im Bundestag. Warum benötigt ein erfahrener Zahnmediziner ein berufliches Standbein als Berater von Pharmaunternehmen, Honorarredner, Funktionär eines Berufsverbandes und Beiratsmitglied eines privaten Versorgungswerkes? Diesen gut bezahlten Tätigkeiten war Koschorrek in den vergangenen Jahren zusätzlich zu seinem Abgeordnetenmandat nachgegangen.

Gegenüber dem Hamnburger Abendblatt sagte der langjährige Bundestagsabgeordnete:

"Vielleicht gehöre ich einfach nur zu den Blöden, die alles angeben."

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