Frage an Yvonne Ploetz von Arndt W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Ploetz, MdB!
In der Pressemeldung vom 08. Mai 2011 der Linken Saar schlägt die Linksjugend Saar vor, den 08. Mai als Tag der Befreiung zu feiern und verwendet hierzu auch noch
zynischerweise das stalinistische Propagandafoto des Soldaten mit der Fahne der UdSSR auf der Reichtagskuppel. Mein Vater hat damals als 6 Jahre alter Junge die Vertreibung mitgemacht, wobei er fast verhungert wäre, während meine Großmutter an Typhus verstarb und mein Großvater in englischer Kriegsgefangenschaft war. Die 14 Millionen Vertriebenen aus den Ostgebieten und die Millionen vergewaltigter Frauen werden den 8. Mai 1945 auch nicht unbedingt als Tag der Befreiung empfunden haben. Die Humanität der Roten Armee konnte mein Vater persönlich begutachten, als er mit seiner Familie an einem Flüchtlingstreck vorbeizog, der Stunden zuvor von der Roten Luftwaffe mit Phosphorbomben belegt wurde.
Wie erklären Sie es mir als saarländische Abgeordnete der Partei DIE LINKE, warum man die Soldaten eines menschenverachtenden undemokratischen Systems wie der Stalin-Diktatur als Befreier verklären soll?
Mit Grüßen
Arndt Wiesner
Sehr geehrter Herr Arndt Wiesner,
vielen Dank für Ihre Frage.
Krieg ist immer unmenschlich und verursacht auf allen Seiten unbeschreibliche menschliche Opfer und Leid. Dies steht außer Frage. Wir sollten jedoch nicht vergessen, wer für den 2. Weltkrieg die Verantwortung getragen hat – nämlich das deutsche Naziregime. Der schreckliche und totalitäre Charakter des Naziregimes sollte für uns ebenfalls außer Frage stehen. Der 8. Mai steht für eine Befreiung von der Naziherrschaft und für ein Ende des 2. Weltkriegs. Deshalb ist er durchaus ein Tag der Befreiung – und dies gilt insbesondere für die Menschen, die in den deutschen Konzentrationslagern leiden mussten. Dass die russische Armee – ebenso wie US-Amerikanische oder die britische Armee oder die französische Resistance – einen wichtigen Betrag zur Überwindung des Nazismus geleistet hat, ist eine historische Tatsache. Dies Anzuerkennen heißt selbstverständlich nicht, dass man für das Regime des Stalinismus in der ehemaligen Sowjetunion Partei ergreift. Ich stehe ohne Wenn und Aber für einen demokratischen Sozialismus, der Freiheit und soziale Gleichheit zusammendenkt, dem Grundrechte und die Würde des einzelnen Menschen ein zentrales Anliegen sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Yvonne Ploetz