Frage an Xander Dorn von Daniel W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dorn,
wie stehen Sie zum immer wieder geäußerten Vorwurf, die Piraten seien eine "Ein-Themen-Partei"?
Mir freundlichen Grüßen,
Daniel Wallace.
Sehr geehrter Herr Wallace,
dieses Thema kommt immer wieder auf, seit die Bundeszentrale für politische Bildung die Piratenpartei in ihrer Darstellung zur Europawahl 2009 eine Ein-Themen-Partei genannt hatte ( http://www.bpb.de/methodik/RETXPR,0,0,Piratenpartei_Deutschland_%28PIRATEN%29.html ). Dieselbe Formulierung fand sich dann zur Bundestagswahl wenige Monate später wieder ( http://www.bpb.de/methodik/CL4RT3,0,0,PIRATEN.html ). Zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen lautete die Formulierung dann, Zitat: "Inhaltlich konzentrieren sich die Piraten vor allem auf Forderungen in zwei Themenbereichen" ( http://www.bpb.de/methodik/L586N5,0,0,PIRATEN.html ) und dies wird zur Zeit auch für die nun in Rheinland-Pfalz anstehende Landtagswahl so dargestellt ( http://www.bpb.de/methodik/TLFLA8,0,0,PIRATEN.html ). Und dies wird gerne in den Medien unreflektiert so weitergegeben und daher auch von Bürgern so aufgenommen.
An Infoständen und auch in anderen Gesprächen, die ich geführt habe, kam oft heraus, dass als das "Eine Thema" der Piratenpartei das Internet verstanden wird. Das beruht jedoch ebenfalls auf der medialen Wirkung im Vorfeld der Bundestagswahl 2009. Damals war es insbesondere das so genannte Zugangserschwerungsgesetz, das von der CDU unter der Federführung von Frau Ursula von der Leyen initiiert wurde und berechtigterweise in die öffentliche Kritik gekommen ist. Die Piratenpartei warnte damals vor der Einführung einer solchen Zensurinfrastruktur in Form von DNS-Sperren, die zugleich wirkungslos für den tatsächlich propagierten Einsatzzweck sind ( http://www.ccc.de/censorship/dns-howto/ ) und stattdessen vorwiegend in die Freiheit der Bürger hätten eingreifen können, wenn auf den unter Verschluss gehaltenen Sperrlisten eben nicht nur Seiten mit illegalen Inhalten gestanden hätten. Zudem hätte das Bundeskriminalamt mit diesem Verfahren die Täter davor gewarnt, dass gegen sie ermittelt wird. Somit war es nicht die Piratenpartei selbst, welche die Netzpolitik auf das politische Parkett brachte, sondern der Versuch der damaligen großen Koalition aus CDU und SPD, Bürgerrechte im Internet einzuschränken. So finden sich im Wahlprogramm der Piratenpartei im Kapitel "Privatsphäre, Datenschutz und Bürgerrechte" nur einzelne Abschnitte, die mit dem Internet zu tun haben.
Selbstverständlich aber gibt es Kernbereiche, in denen die Piratenpartei stärker aufgestellt ist und dazu gehören vor allem Bürgerrechte. Überall, wo andere Parteien die Freiheit der Bürger einschränken wollen, steht die Piratenpartei bereit um dagegen vorzugehen. Ein weiterer wichtiger Themenkomplex ist der Bildungssektor mit der zentralen Forderung nach barrierefreiem Zugang zu Bildungsinstitutionen und Wissen im Allgemeinen. Die Piratenpartei steht auch für ein verstärktes Maß an Mitbestimmung durch die Bürger selbst. Hürden für Bürgerentscheide und Volksbegehren müssen gesenkt werden, damit nicht nur alle vier oder fünf Jahre bei Wahlen ein gewisses Maß an Mitbestimmung möglich ist. Für weitere Details zum Wahlprogramm verweise ich auf die Homepage des Landesverbands Rheinland-Pfalz ( http://www.piraten-rlp.de ).
Die Piratenpartei bietet jedoch auch kein Vollprogramm, wie dies bei den meisten anderen Parteien der Fall ist. Dies ist bewusst so gestaltet, da es viele Bereiche gibt, bei denen der Einfluss der Politik begrenzt ist oder es aus moralischen Gründen falsch ist, unhaltbare Versprechen wie etwa nach einer Senkung der Arbeitslosigkeit überhaupt auszusprechen.
Ich trete hier somit nicht für eine Ein-Themen-Partei an, aber ich kann nur zu jenen Themen auch kompetente Antworten geben, zu denen es auch eine ausreichende Expertise gibt. Für die Themen, die außerhalb dieses Kompetenzbereichs liegen, kann und werde ich daher keine falschen Versprechen abgeben. Wenn solche im Landtag auf der Tagesordnung stehen, werde ich mich selbstverständlich in die jeweilige Thematik einarbeiten. Dabei werde ich auch nicht davor zurückscheuen, Experten aus verschiedenen Fachbereichen und das Interesse der Bürger zu Rate zu ziehen um mir getreu dem Beutelsbacher Konsens aufgrund kontroverser und vielseitiger Informationen eine Meinung zu bilden und Entscheidungen zu treffen.
MfG
Xander Dorn