Frage an Wolfgang Wieland von Helfried D. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Wieland,
verbindlichen Dank für Ihre Sympathie zur Awendung des FRG auf ehem. DDR- Flüchtlinge, die in Ihrer Antwort an Herrn Grabner vom 31.03 und früheren Stellungnahmen zum Ausdruck kommt. Sie beschreiben zutreffend die ungeklärte Rechtssituation. Mit Ihren Antworten heben Sie sich gemeinsam mit einigen Ihrer Parlamentskollegen wohltuend von einer noch vorhandenen Mehrheit ab.
Allerdings habe ich den Eindruck, dass sie sich mit der letzten Antwort der FDP- Haltung nähern und hinter Ihre Position zurückweichen, die Sie in Ihrer Antwort vom 23.02.09 eingenommen hatten. Oder täusche ich mich hier?
Die früheren DDR- Flüchtlinge wurden durch ein
Verwaltungsverfahren in das Rechtssystem der Bundesrepublik integriert, rentenrechtlich über das FRG. Abgesehen von juristischen Erwägungen, die, solange es keine höchtrichterliche Entscheidung gibt, je nach beabsichtigtem Ergebnis so oder so ausfallen können, ist die Nichteinhaltung früherer verbindlicher Zusagen gegenüber den Altübersiedlern ein nicht tolerierbarer Vertrauensbruch. Es gibt zahlreiche Beispiele, in denen nach einer Vergleichsberechnung für Versicherte im Beitrittsgebiet nach dem RÜG die jeweils günstigere Rente gezahlt wird. Für ehem. DDR- Flüchtlinge soll es aber angeblich nicht möglich sein, zwischen sekundärem RÜG und primärem Bundesrecht FRG, das ihnen bereits rechtsverbindlich zustand, zu wählen. Das Fremdrentengesetz wurde als nicht beitragsbezogenes Rentensystem der Bundesrepublik gestrichen, demgegenüber wurden die zahlreichen nicht beitragsbezogenen Sonderversorgungssysteme der DDR, hauptsächlich für staatsnahe Funktionäre, zu Bundesrecht. Die Bezugnahme auf frühere DDR- Einkünfte würde Verzerrungen in der Erwerbsbiografie der Betroffenen, die aus ihrerer teilw. jahrzehntelangen oppositionellen Haltung resultierten, nicht berücksichtigen. Halten Sie unter diesen Umständen für ehem. Flüchtlinge eine Abkehr vom FRG und Nachentrichtung von Beiträgen gem. FDP- Antr.16/11236 für angemessen und zumutbar?
M.f.G.
H. D.
Sehr geehrter Herr Dietrich,
wenn ich in der Frage der Renten von DDR-Übersiedlern etwas mit der FDP gemeinsam habe, dann ist es die Erkenntnis, dass wir beide die unerträgliche Lücke zwischen den Altbescheiden und der Rentenneuberechnung sehen. Die Lösung der FDP macht für die Betroffenen aber keinen Sinn. Eine Nachversicherung bedeutet, dass fehlende Beiträge in die FZR nachzuzahlen sind. Für die Betroffenen sind das Steine statt Brot, denn die Nachfinanzierung muss zum einen aus der eigenen Tasche erfolgen, zum anderen sind Höhe und Dauer der Zahlung im FDP-Antrag nicht bestimmt. Wichtige Fragen sind damit aber offen. Wie lange müsste etwa ein Flüchtling nachzahlen, der Mitte der 70er Jahre die DDR verlassen hat?
Wie Sie sehe ich in der Aufhebung der Anwartschaften einen Vertrauensbruch. Leider haben die Gerichte diesen durch etliche Urteile nicht behoben, sondern legitimiert. Sie haben Recht, es gibt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Wir müssen uns dennoch schon jetzt Gedanken machen, wie dieser Missstand ggf. durch eine Neuregelung behoben werden kann.
Wie in meiner letzten Antwort geschildert, werde ich versuchen, das Prinzip: ‚Gleiche Erwerbsbiografie - gleiche Rente’ durchzusetzen. Wenn schon das RÜG zur Anwendung kommt, dann sollten die Zahlungen in die Freiwillige Zusatzversorgung fingiert werden. Der Vergleich mit den Versorgungssystemen der Nomenklatura ist ärgerlich, aber kann dem Parlament nicht zum Vorwurf gemacht werden. Hier hatte der Gesetzgeber erst drastische Einschnitte vorgesehen, die später höchstrichtlich unter Hinweis auf die „Neutralität der Sozialversicherung“ aufgehoben wurden.
Sie sprechen aber noch ein weiteres Problem an. Das sind die fehlenden Erwerbszeiten, die beispielsweise auftraten, weil Schülerinnen oder Schüler sich gegen das Regime auflehnten und deshalb an einer Karriere in der DDR systematisch gehindert wurden. Wenn Erwerbszeiten auf Grund von Verfolgung oder Haft fehlen, gibt aber auch das Rentenrecht der Bundesrepublik bislang keine befriedigenden Antworten. Hier müssen die Betroffenen leider auf die bescheidenen Leistungen von Opferrente oder Haftentschädigung ausweichen, deren Umfang wir aufstocken wollen.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Wieland