Portrait von Wolfgang Wieland
Wolfgang Wieland
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Wolfgang Wieland zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Harm N. •

Frage an Wolfgang Wieland von Harm N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland,

mich würde Ihre Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen interessieren.

Würde ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht sehr viele Probleme mit einem Schlag lösen? Eigentlich ist es egal, welche politische Debatte man beobachtet. Das Grundeinkommen könnte die Lösung sein.

Armut trotz Arbeit, Mobbing am Arbeitsplatz, unwürdige Arbeitsverhältnisse, Leistungsdruck und Stress, psychische Erkrankungen, Vorgesetzte die ihre Macht missbrauchen, ewige Praktikanten, etc.
All diese Probleme hätten Menschen nicht, wenn sie ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Absicherung hätten. Arbeitnehmer müssten sich nicht mehr alles gefallen lassen. Man könnte auch einfach mal eine Auszeit nehmen und sich ehrenamtlich betätigen. Was uns zum Thema "Soziales" bringt ...

Kinderarmut, Chancenungleichheit im Bereich Bildung und Arbeit, Arm im Alter, zu wenig Geld und Personal in der Altenpflege, ...

Um es kurz zu fassen: Wäre das Grundeinkommen nicht die Lösung vieler Probleme?

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

Grüne Grüße

H. Neitzel

Portrait von Wolfgang Wieland
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Neitzel,

das wäre wirklich schön, wenn sich die von Ihnen aufgezählten – sehr realen und sehr üblen - Probleme so einfach mit der Wundertüte Grundeinkommen in Wohlgefallen auflösten. Ich wäre der erste und vehementeste Streiter für dieses Stück Utopie. Leider hat mir noch niemand eine auch nur im Ansatz seriöse Finanzierung vorlegen können.

Auch wenn wir es hätten, würde ein Grundeinkommen nicht die von Ihnen beklagten Probleme lösen. Es könnte und sollte ja auch nicht einen vollen Einkommensersatz darstellen. Zusätzliche Erwerbsarbeit bliebe attraktiv und notwendig. Den Problemen am Arbeitsplatz wie Mobbing, Stress und inhumanen Arbeitsbedingungen könnte ich mich dann zwar möglicherweise leichter durch Flucht entziehen, sie blieben aber Bestandteil der Arbeitswelt.

Auch bei den sozialen Themen, die Sie ansprechen, halte ich ein Grundeinkommen nicht für die beste Lösung. Denn es wäre eine sehr, sehr teure Form des sozialen Ausgleichs. Geht man den Weg über die Mehrwertsteuer (Anhebung auf 50% von einem Vordenker im Ernst vorgeschlagen), zahlen vor allem die für das Grundeinkommen, die es besonders brauchen. Und eine Finanzierung über Einkommenssteuern halte ich nicht für nachhaltig tragfähig, denn die Einkommen aus den dann „Zusatzjobs“ würden kaum Steuern in entsprechender Höhe erbringen. So oder so bliebe für gezielte Unterstützung kein Geld mehr in der Staatskasse.

Um Chancenungleichheit und Bildungsdefizite auszugleichen braucht es gezielte Investitionen in Schulen und Hochschulen – die wären dann nicht mehr möglich. Kinderarmut hat häufig Gründe, die nicht nur im zu geringen Einkommen der Eltern liegen. Genannt seien nur die Defizite in der Kinderbetreuung, die Alleinerziehenden häufig die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts unmöglich machen.

Ich befürworte deshalb, wie es auch Bündnis 90/Die Grünen insgesamt tun, Mindestlöhne, eine bedarfsgerechte Grundsicherung, gezielte Hilfen und Investitionen in alle Bereiche der Bildung. „Bedarfsgerecht“ heißt auch, dass eine Erhöhung der Leistungen aus dem Arbeitslosengeld II erfolgen muss, insbesondere für Kinder. Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland

PS: Zum Nachlesen finden Sie unsere Vorschläge zur Grundsicherung und zum
Mindestlohn auf http://www.gruene.de unter
http://www.gruene.de/cms/themen/rubrik/13/13354.soziale_sicherung.htm und
http://www.gruene.de/cms/themen/rubrik/12/12787.arbeit.htm