Frage an Wolfgang Wieland von Uwe R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wieland,
Der "Palast der Republik" in (damals Ost-)Berlin war bekanntlich Sitz der "Volkskammer der DDR."
Das Gebäude wurde nun vollständig abgerissen. Die Pläne für den Neubau eines "Schlosses", dass sich ausdrücklich auf eine Monarchie beruft, finde ich insgesamt für eine Reublik unerträglich.
Aber meine Frage zielt auf die 10. Volkskammer (1990). Welche Form der Erinnerung an die kurze Phase des demokratischsten Parlaments der deutschen Geschichte ist am historischen Ort geplant?
Warum spricht man in der Öffentlichkeit sowenig über die demokratische Phase der Volkskammer? Ist es nicht bedauerlich, dass man lieber ein Hohenzollern-Schloss, dass für Militarismus und Monarchie steht, haben will, als ein Haus der parlamentarischen Demokratie? Reicht Ihnen eine vielleicht nur 50 mal 70 cm große Bronzetafel, die an die Volkskammer erinnert, aus? Ist wenigstes eine Erinnerungstafel an der riesigen Schlossmauer geplant?
Sehr geehrter Herr Reinecke,
in dem Ausschreibungstext zum Wettbewerb für die Errichtung des Humboldt-Forums war es den Wettbewerbsteilnehmern anheimgestellt worden, den sog. Volkskammersaal zu berücksichtigen.
Der von der Jury einstimmig auf Platz eins gesetzte Entwurf des Architekten Franco Stella tut dies nicht. Ich habe diesen Entwurf - allerdings aus anderen Gründen - scharf kritisiert.
Wenn es bei Stella bleibt, muss man in diesem Bauwerk andere Formen des Erinnerns an das erste frei gewählte Parlament der DDR finden. Eine kleine Hinweisplatte wäre sicherlich nicht ausreichend.
Im übrigen teile ich Ihre Einschätzung nicht, eine Teilrekonstruktion des Schlosses sei nicht republikanisch, sondern preußisch- feudalistisch. Gerade der Volkskammersaal zeigt, dass es nicht auf das Äußere, sondern auf die Nutzung des Gebäudes ankommt. Etliche Staaten der Welt nutzen ehemals feudale Gebäude zu demokratischen Zwecken, im übrigen auch viele Bundesländer, auch das Bundesland, in dem Sie wohnen .
Mit freundlichen Grüssen
Wolfgang Wieland