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Wolfgang Wieland
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Frage von Peter S. •

Frage an Wolfgang Wieland von Peter S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

da mir vom abgeordnetenwatch meine vorangestellten einleitenden sätze nicht genehmigt wurden und ich als bürger nicht offen mitteilen kann, welche empfindungen mich zur fragestellung veranlassen, erlaube ich mir höflichst nachfragen zu dürfen:

ist es erlaubt, folgende fragen an sie zu richten ?

frage:

werden sie auch unsere friedenstruppen unterstützen und selbst dienst an unserer grenze am hindukusch leisten ?

welche zusätzlichen steuerfreien beträge bekommen unsere friedenskämpfer in den mit unseren werten befriedeten ländern ? (außer wehrsold)

für die beantwortung dieser fragen bin ich ihnen im voraus sehr dankbar.
(hoffe das es so meine fragen akzeptiert werden)

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Seidel,

dass Sie nach den Auslandseinsätzen der Bundeswehr fragen, finde ich völlig richtig und Ihre Fragen dazu beantworte ich auch gerne. Aber Sie sollten auch verstehen, dass polemische Vorwürfe sehr fragwürdigen Inhaltes keine politische Diskussion voranbringen und deswegen von Abgeordnetenwatch nicht zugelassen werden.

Die Antwort auf Ihre erste Frage ist: Nein, ich werde nicht selbst mit der Waffe in der Hand in Afghanistan am Einsatz teilnehmen. Das wäre bei einem „ungedienten Berliner“ auch nur von zweifelhaftem militärischem Wert - und es ist auch nicht meine Aufgabe.

Meine Aufgabe als Abgeordneter ist es, mich bei jeder Mandatsabstimmung detailliert zu informieren und genau zu prüfen, ob der Einsatz erforderlich und verantwortbar ist und ob er sein Ziel erreichen kann. Das tue ich auch und stimme entsprechend ab.

Die Erforderlichkeit misst sich an den Interessen der Völker in der Region, vor allem der Afghaninnen und Afghanen, aber auch an denen Deutschlands. Da lautet meine Analyse: Ohne die internationale militärische Präsenz ist ein Aufbau Afghanistans nicht möglich und das Land würde bei einem Abzug der ISAF -Streitkräfte sofort wieder der Gewaltherrschaft der Taliban anheim fallen und sehr schnell zum Kampfgebiet der regionalen Interessen werden.

Der Einsatz erscheint mir auch verantwortbar. Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr werden - soweit das möglich ist – geschützt. Sie werden nicht in unverantwortliche Aktionen getrieben. Umgekehrt sind die Einsatzregeln der Bundeswehr so formuliert, dass Verletzte und Tote unter der afghanischen Bevölkerung weitestgehend ausgeschlossen werden. Dass es trotzdem zu schrecklichen Zwischenfällen wie in den letzten Wochen kommt, ist in einer Bürgerkriegssituation nicht endgültig zu verhindern. Sowohl der Tod einer Familie an einer Straßensperre wie auch der Tod eines deutschen Soldaten sind Vorkommnisse, die vermieden werden müssen. Hier sind die Ursachen aufzuklären und dann die Verhaltensregeln anzupassen, um eine Wiederholung zu verhindern. Das geschieht im Moment.

Bei der Frage nach der Zielerreichung des Einsatzes ist das Urteil nicht so positiv. Wie gesagt: Ich unterstütze den Plan des Aufbaus einer neuen, demokratischen Regierung in Afghanistan. Das wäre ohne Militärpräsenz nicht möglich. Es gibt eindeutige Fortschritte, das Land steht besser da als beim Beginn des Einsatzes 2001. Aber: Der Aspekt des Wiederaufbaus kommt zu kurz. Es wird viel getan, aber nicht genug. Es ist nicht klar absehbar, wann Stück für Stück die internationale Präsenz reduziert werden kann. Und es ist nicht erkennbar, dass alle Beteiligten diese Verantwortung ernst nehmen. Solange also die Bundesregierung bei den Partnern, insbesondere den USA, den notwendigen Strategiewechsel nicht durchsetzt, sich auch nicht dafür massiv genug einsetzt, werde ich dem ISAF -Einsatz nicht zustimmen, sondern mich enthalten. Diese Meinung teile ich übrigens mit der übergroßen Mehrheit meiner Fraktion und Partei.

Das alles gilt nicht für die Operation Enduring Freedom. Da ist zwar der deutsche Beitrag hauptsächlich auf Seepatrouillen vor dem Horn von Afrika beschränkt. Aber der Teil des Einsatzes, den unsere Partner in Afghanistan übernommen haben (und an denen teilweise auch das Kommando Spezialkräfte beteiligt war), zeichnet sich durch falsches Vorgehen aus, insbesondere durch kontraproduktive Bombardierungen mit einer hohen Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung. OEF habe ich deswegen im Bundestag abgelehnt.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland