Frage an Wolfgang Wieland von Johannes M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Wieland,
Die Immobilienkrise und die damit verknüpfte Finanzkrise hat viele Menschen für eines der Hauptprobleme unserer Wirtschaft aufmerksam gemacht: die Gleichbehandlung von Grund und Boden mit einer Ware, und in der Folge die Spekulation mit dem vermeintlichen Wert des Bodens.
Viele Menschen verstehen offenbar, dass die sog. Immobilienkrise selbst nur ein Symptom eines tieferliegenden Missverhältnisses ist. Mit den Lösungsvorschlägen wird dann leider meistens wieder an der Oberfläche gescharrt: Man findet das Verhalten der sog. Finanz-Dienstleister unmoralisch und möchte Sie härter rannehmen.
Es gibt aber auch Menschen, die tiefer blicken: Anstatt sich über die Moral der Verantwortlichen auszulassen, wollen sie Rechtsverhältnisse schaffen, in denen unser aller Schicksal eben gar nicht mehr davon abhängt, auf welchem Entwicklungsstand sich einige Wenige in Sachen Moral befinden.
Diese Menschen versuchen deshalb, Grund und Boden ohne staatliche Hilfe der Spekulation zu entziehen, was ihnen auch sehr gut gelingt. Sie behandeln also nicht die Symptome, sondern gehen an die Ursache. Beispiele wären das <a href="http://www.syndikat.org/">Mietshäuser Syndikat</a>, <a href="http://www.stiftung-trias.de/">Stiftung trias</a>, Stiftung Edith Maryon, oder der <a href="http://www.hausprojekte-solidarfonds.de/">Solidaritätsfond für Berliner und Brandenburger Hausprojekte</a>.
Dazu meine Frage an Sie: Was halten Sie von der Arbeit dieser Initiativen und den <a href="http://www.grundlos-bodenlos.de/">hier</a> vertretenen Ideen? Und könnten Sie sich nicht vorstellen, dass Sie mit den Grünen die Arbeit der Initiativen unterstützen, indem Sie auf politischer Ebene auf die Entwicklung geeigneter Rechtsformen hinarbeiten?
Falls Sie sich nichts darunter vorstellen können, dann sollten Sie die Präsentation der Initiativen am 17. und 18. 10. in Berlin besuchen: <a href="http://www.grundlos-bodenlos.de/"<www.grundlos-bodenlos.de</a>
Herzliche Grüße
Johannes Mosmann
Sehr geehrter Herr Mosmann,
auch ich sehe die verschiedenen Dimensionen der platzenden Immobilienkredit- Blase mit großer Sorge. Auch sind mir als Berliner die besonders lebhaften Debatten, die erst auf der „Insel“ West-Berlin, dann aber auch in der vereinten Stadt, um Wohnraum, Spekulation, künstliche Verknappung, Gentrifizierung und soziale Entmischung geführt wurden und werden, präsent.
Gerade in Großstädten muss es im Interesse aller liegen, Wohnraum in weiten Teilen der Stadt für einen großen Anteil der Bewohnerinnen und Bewohner erschwinglich zu machen. Sonst sind die Folgen verödete Innenstädte, in denen nur gearbeitet wird, umringt von Schlafstädten verschiedener Einkommensklassen, in denen die gesellschaftlichen Gruppen jeweils für sich bleiben.
Deshalb finde ich es sehr unterstützenswert, wenn es durch entsprechende Gesetze und gegebenenfalls auch finanzielle Förderung des Staates etwa in Form von günstigen Krediten erleichtert wird, gemeinsam den eigenen Lebensraum zu erwerben, zu gestalten und zu bewahren. Die Bereitstellung von Grundstücken für entsprechende Hausprojekte durch den Berliner Senat könnte hier ein beispielgebender Anfang sein. Sie darf allerdings nicht als Alibi für Nichtstun in der Breite dienen.
Auch darf daraus nicht wieder eine soziale Spaltung entstehen, wie das in Großbritannien teilweise passiert ist, als die staatlichen Wohnungen den Bewohnern günstig zum Kauf angeboten wurden. In nicht wenigen Gebieten hat das die Spaltung zwischen denen, die ihre Wohnung kaufen konnten, und denen, die nicht genug Geld dafür hatten, enorm vertieft und die Ärmeren noch weiter ins städtische Abseits gedrängt.
In Berlin ist die Bilanz also gemischt. Einerseits müht sich das Land, etwa durch die bevorzugte Vergabe von öffentlichem Bauland an Menschen, die dort für den Eigenbedarf bauen wollen. Andererseits wurde an nicht wenigen Orten versäumt, die Ansprüche von Unternehmen und Bewohnern sinnvoll in Einklang zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wieland