Frage an Wolfgang Wieland von Thorsten W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wieland,
Sie schrieben heute richtigerweise, dass Waffenverbote bisher einen Anstieg der Kriminalität nicht verhindern konnten. Wieso glauben Sie dann trotzdem, dass die aktuelle Gesetzesverschärfung zu einem Rückgang der Kriminalität führen wird? Gibt es irgendwelche Untersuchungen, die dieses Ergebnis prognostizieren?
Auch wenn aus den Statistiken nicht eindeutig hervorgeht, dass strengere WaffG der Grund für den Anstieg sind, so ist doch erkennbar, dass Länder mit sehr strengen WaffG eine hohe Kriminalitätsrate haben während z. B. die Schweiz trotz „bewaffneter“ Bürger dieses Problem nicht hat! Ist es dann nicht unlogisch, das WaffG weiter zu verschärfen?
Als Argument führen Sie an, dass die Polizei jetzt bei Messerstechereien einschreiten und die Messer einsammeln kann. Meines Wissens durfte die Polizei auch nach der alten Regelung in solchen Situationen einschreiten und musste nicht abwarten, bis es Verletzte gab! Warum wurde nicht nur das „drohen“ oder „grundlose hantieren“ in der Öffentlichkeit verboten anstatt alle Bürger unnötig einzuschränken?
Auch wenn gesetzestreue Bürger nicht mit Messer-Kontrollen rechnen müssen, riskieren Sie doch ein Bußgeld weil Sie gegen das Gesetz verstoßen! Selbst die Abgeordneten legen den Gesetzestext unterschiedlich aus. Müssen Gesetze nicht klar formuliert werden?
Nur weil Sie persönlich kein Messer benutzen, um z. B. Äpfel zu schälen oder Briefe zu öffnen, können Sie nicht bestimmen, dass niemand ein Messer benötigt! Natürlich kann man dafür auch ein altmodisches und unkomfortables Zweihandmesser benutzen. Ich verstehe aber nicht, warum ich mein praktisches (und teures) Einhandmesser jetzt nicht mehr benutzen darf, nur weil die Politiker kein geeignetes Mittel gegen die Jugendkriminalität haben!
Es geht nicht (wie Politiker immer wieder medienwirksam behaupten) um gefährliche „Kampfmesser“ sondern um moderne Taschenmesser - unverständlicherweise selbst mit kurzer Klinge!
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Wachter
Sehr geehrter Herr Wachter,
das neue Waffenrecht soll die Zahl der mit Waffengewalt begangenen Verbrechen verringern. Und das wird es – denn wie ich schon dargelegt habe: Länder mit laxem Waffenrecht haben nicht unbedingt eine höhere Kriminalitätsrate, aber sie haben fast immer eine höhere Rate an Delikten, die mit Waffen begangen werden. Die Schweiz taugt nicht als Vergleich: Da besitzen gut zwei Drittel der erwachsenen Männer eine Schusswaffe, die Ihnen von der Armee ausgehändigt wurde. Aber die Aufbewahrung ist streng reguliert und die Inhaber haben eine Ausbildung durchlaufen. Aber selbst die Schweizer haben Zweifel bekommen – und die Ausgabe von Patronen beendet. Daran entzündet sich ja die hier immer wieder zitierte Propaganda der Waffenlobby auf protell.ch.
In der Novelle des deutschen Waffenrechts geht es aber um Personen, die Waffen privat oder illegal beschaffen und diese zu gemeingefährlichen und verbrecherischen Zwecken einsetzen wollen. Dass bei einer Messerstecherei die Waffen konfisziert werden können, war auch vorher möglich – aber das war nicht das Problem. Das Problem war das Mitbringen von Messern an öffentliche Orte (Schwimmbäder, Diskotheken, Plätze), wo es immer wieder zu Eskalationen kam. Und da konnte bis jetzt nicht frühzeitig entwaffnet werden. Um das zu erreichen – und das ist angesichts des Trends zu immer mehr Messergewalt dringend notwendig – muss eine relativ offene Klausel gefasst werden. Auch ihr Vorschlag, das „grundlose Hantieren“, ist ja interpretationsoffen – was ist denn „grundlos“? Wohl doch wenn der „gesellschaftlich anerkannte Zweck“ fehlt.
Haben Sie doch etwas Vertrauen, dass Ihnen beim Äpfelschälen kein übermotivierter Polizist das Messer entreißt und Ihnen eine Buße aufgebrummt wird! Und sollte das passieren, bin ich der letzte, der eine so missbräuchliche Anwendung eines Gesetzes dulden würde.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wieland