Frage an Wolfgang Wieland von Alexander E. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wieland,
aufgrund Ihrer beruflichen Ausbildung und Tätigkeit zählen Sie aus meiner Sicht mit zu den kompetentesten Mitgliedern des Innenausschusses in Bezug auf rechtliche Angelegenheiten.
Ich erlaube mir deswegen, die folgenden Fragen an Sie zu richten:
Nach der am 01. April (was für ein Datum!) in Kraft tretenden
Waffenrechtsnovelle wird es verboten sein, feststehende Messer mit einer Klingenlänge mehr von 12 Zentimetern oder einhändig arretierbare Klappmesser zu führen.
Das bedeutet in der Praxis, das bei zwei von Griff und Klinge her
identisch lange Messer das feststehende Messer geführt werden darf, das Klappmesser aber nicht.
Auch ein wesentlich kürzeres Klappmesser wäre verboten.
Zu erwähnen ist, dass mehr als 90% der modernen Klappmesser zum Schutz des Nutzers gegen Selbstverletzung arretiert werden können und dies mit etwas Geschick meist auch einhändig möglich ist.
Gibt es konkrete Gründe für die Ungleichbehandlung der Klappmesser?
Ferner betrifft das Messerführverbot ja keine Personen, die ein
Schneidwerkzeug aus „gesellschaftlich anerkannten Gründen“ mit sich tragen.
Hier schrieb vor kurzer Zeit ein Wanderer ein SPD- und ein CDU-Mitglied des Innenausschusses mit der Schilderung des gleichen Sachverhaltes und der Frage, ob das Führen eines Messers in diesem Falle zulässig sei, an.
Ohne in´s Detail gehen zu wollen erhielt er von der CDU eine zustimmende, von der SPD eine ablehnende Nachricht und wandte sich damit an den Bundespräsidenten.
Sicher wird es unmöglich sein, eine abschliessende Liste von
„gesellschaftlich anerkannten Gründen“ zu erstellen.
Der Ausschuss muss aber doch eine Art Vorstellungshorizont bei der Formulierung gehabt haben.
Wie sieht dieser denn aus ?
Meinen Sie nicht auch, dass diese sehr offene Formulierung bei der Umsetzung des Rechts zu sehr vielen Schwierigkeiten und Missverständnissen führen wird, die man durchaus hätte vermeiden können ?
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
mit vorzüglicher Hochachtung
Sehr geehrter Herr Eisnecker,
entschuldigen Sie zunächst bitte die Wartezeit auf meine Antwort.
Es gab in der Tat besondere Gründe, die Klappmesser so rigoros zu behandeln. Denn es ist diese Art Messer, die sehr häufig bei gewalttätigen Auseinandersetzungen eingesetzt wird. Und es geht bei den Einhandmessern nicht um das Klapptaschenmesser mit Arretierungsfunktion, dass sich mit etwas Übung auch einhändig ausklappen und arretieren lässt. Es geht um solche Messer, die daraufhin konstruiert sind, in Sekundenschnelle etwa aus der Jackentasche (wo sie wegen der Verletzungsgefahr ja eingeklappt sein müssen) gezogen und hieb- oder stichbereit gemacht werden zu können. Näher beschrieben sind diese Messer übrigens in der Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2 zum Gesetz, den Link zum Text habe ich Ihnen unten angegeben.
Den „allgemein anerkannten Zweck“ sollte man sich nicht als Liste vorstellen, das wäre in der Tat kaum sinnvoll zu machen. Die mögliche Ahndung beginnt mit dem Opportunitätsprinzip, es bleibt also zunächst der Polizei überlassen, ob sie gegen einen bestimmten Messerträger vorgeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der durchschnittliche Wanderer da Anlass bietet. Und dann folgt die Frage nach dem anerkannten Zweck. Der Spaziergänger, der beim Picknick Schinken oder Brot schneidet, wird sicher anerkannt. Man kann davon ausgehen, dass ein ungewöhnliches Messer wohl eher zu Problemen führt. Sprich: Wer mit der Machete wandern geht, dürfte Schwierigkeiten mit der „allgemeinen Anerkennung“ bekommen, gleiches gilt für den, der abends mit einem Butterfly-Messer in die Disko will. Natürlich wird es in der Anfangsphase der Anwendung dieses Gesetztes den ein oder anderen Streit über die Auslegung geben, aber die Zielrichtung des Bundestages ist auch in der Begründung des Gesetzes verdeutlicht (auch hierzu unten ein Link). Und die wird von Gerichten regelmäßig zur Klärung herangezogen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wieland
Text Waffengesetz: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/waffg_2002/gesamt.pdf
Gesetzentwurf: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/077/1607717.pdf
Eingearbeitete Änderungen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/082/1608224.pdf