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Wolfgang Wieland
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Frage von Thorsten M. •

Frage an Wolfgang Wieland von Thorsten M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland,

ich begrüße Ihre deutliche Absage an die Vorstellungen des Herrn Innenministers Dr. Wolfgang Schäuble.

Wie schon sooft hat Herr Dr. Schäuble kein Augenmaß und seine Berater und er keine Ahnung von IT. Mit der heimlichen Durchsuchung von PCs wird nicht ein "böser Bube" gefangen und wenn, dann hat er es nicht anders verdient. Es ist so leicht sich gegen den heimlichen Zugriff zu schützen, daß es schon fast lächerlich wirkt.
Nur ein kleines Beispiel: Man kann ein KOMPLETTES Betriebssystem UND seine kompletten Daten heutzutage auf einem USB-Stick unterbringen. Dann startet der "böse Bube" seinen Rechner eben von diesem USB-Stick aus und schon ist nichts mehr drin mit dem heimlichen Zugriff. Selbst wenn er so unvorsichtig sein sollte und mit einer eindeutigen ID im Internet unterwegs zu sein, nützt das der Exekutive so viel, wie ein Stapel Papiernotizen bei Durchzug.

Also was ist der wirkliche Nutzen von heimlichen Online-Durchsuchungen? Was oder wen will man damit ausspionieren? Was will man wirklich damit erreichen? Warum fragt niemand mal hartnäckig nach, was Dr. Schäuble und Konsorten mit der heimlichen Online-Durchsuchung erreichen wollen?

Es ist Irrsinn etwas Ähnliches wie das FBI in Deutschland etablieren zu wollen, oder noch schlimmer: Eine staatliche Institution mit Rechten auszustatten, die die Stasi vor Neid erblassen ließe.

Werden die Grünen die Frage nach den wirklichen Beweggründen stellen und wenn ja, wann?
Werden die Grünen auf Landes- und Bundesebene fordern, daß diejenigen, die die Bundesverfassung gebrochen haben, zur Rechenschaft gezogen und auch angeklagt werden?
Werden die Grünen Herrn Dr. Schäuble konkret fragen, was er mit der Online-Durchsuchung zu erreichen gedenkt, damit es auch in den Sitzungsprotokollen des Bundestages niedergeschrieben und beweiskräftig für die Nachwelt dokumentiert wird?

Das Bundesverfassungsgericht hat klare Worte gesprochen, die jetzt SINNGEMÄß in geltendes Recht transferiert werden müssen.

MFG

Portrait von Wolfgang Wieland
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Michels,

leider ist Ihre Einschätzung der Sicherheitspolitik von Herrn Schäuble nur allzu zutreffend. Was der Bundesinnenminister mit Blick auf neue Techniken treibt, ist offensichtliche, willentliche Ignoranz. Er hat ein kompetentes Ministerium zur Verfügung, ein Bundesamt für die Sicherheit in der Informationsverarbeitung und Zugang zu allen Experten, die er konsultieren möchte. Nur – er möchte eben nicht. Lieber malt er die denkbaren Gefahren an die Wand, um dann genauso dramatisch genau diese Techniken für das Arsenal der Sicherheitsbehörden einzufordern. Egal ob sie Wirkung versprechen oder nicht.

Seine Philosophie ist das Prinzip Blanko-Scheck: Die Sicherheitsbehörden sollen alles dürfen, egal, ob es zur Verhinderung von Terroranschlägen oder anderen schweren Verbrechens überhaupt geeignet und notwendig ist. Das sagt er auch bei jeder Gelegenheit in Interviews, im Ausschuss, im Plenum. Für ihn steht die Sicherheit im Zweifel über der Freiheit. Das kann man auch dem Entwurf des BKA-Gesetzes entnehmen, das im Namen der Terrorismusprävention vom Platzverweis, über den Großen Lauschangriff, die Raster- und Schleierfahndung bis zum heimlichen Eindringen in Wohnungen alles enthält, was sich hier nur denken lässt. Damit würde im BKA die bewährte Trennung von Polizei und Geheimdienst aufgehoben, was zeigt, wie weit Schäuble zu gehen bereit ist. Er will ein deutsches FBI mit geheimdienstlichen Befugnissen.

Solches Denken ist mit unserem Grundgesetz schlicht unvereinbar, und das nicht erst seit dem Urteil zur Online-Durchsuchung. Recht hat Schäuble nur damit, dass es eine terroristische Bedrohung gibt. Das lässt sich aus den Drohungen der Extremisten ja klar entnehmen. Aber diese Bedrohung wird man nicht los, indem man die Bürgerrechte mit Füßen tritt und im Namen der Prävention alles und alle vielfältiger Überwachung und Protokollierung aussetzt. Hier ist stattdessen eine professionelle und personell gut ausgestattete Polizei gefragt, die bis jetzt ja auch ohne Schäubles neuen Instrumentenkasten wirksam agierte.

Die rote Karte für Schäuble müssen aber Sie am Wahltag zücken. Wir können Schäuble und seine Brüder im Geiste unter den Landeskollegen wie Ingo Wolf (NRW) parlamentarisch contra geben und den Irrsinn ihrer Pläne in die Öffentlichkeit tragen. Kündigen müssen Sie ihm, Frau Merkel wird es nicht
tun.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland