Frage an Wolfgang Wieland von Tim I. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wieland!
Ich bin ein gesetzestreuer Bürger dieses Landes, der stets die zivilisatorischen Werte unserer Demokratie verteidigt hat, und ich bin ein Liebhaber und Sammler von frei erwerbbaren Waffen. Bitte hören Sie mich an.
Wie ich erfahren habe, beschäftigt sich der Innenausschuss derzeit mit einer weiteren Verschärfung des Waffengesetzes, die möglichweise auch ein weitreichendes Verbot von „Anscheinswaffen“ umfassen soll, das nicht nur das Führen, sondern auch Handel und Besitz verbieten soll.
Die Argumentation der Befürworter des Verbots lässt erkennen, dass ihr Vorstoß einer Sorge um die innere Sicherheit entspringt. Gerade aus dieser Sorge heraus, die ich ebenfalls teile, möchte ich Sie eindringlich bitten, NICHT für die geplante Verschärfung einzutreten. Ein solches Verbot wäre der Stabilität unserer Demokratie und somit der inneren Sicherheit meiner Einschätzung nach im Gegenteil abträglich, denn: Vertrauen basiert auf Gegenseitigkeit. Wenn die Regierenden ihrem Volk schrittweise das Vertrauen entziehen, indem sie immer restriktivere Gesetze erlassen, wird auch das Vertrauen der Bürger in unsere Demokratie und ihre Institutionen schwinden. Das Verbot von „Anscheinswaffen“ würde hauptsächlich Millionen gesetzestreuer Bürger wie mich treffen, die sich stets an die strengen Auflagen des deutschen Waffengesetzes gehalten haben und das Vertrauen dieser Menschen in den Sachverstand und das Augenmaß der Regierenden zutiefst erschüttern. Wollen Sie all diese Menschen tatsächlich nachträglich kriminalisieren und gegen unsere Demokratie aufbringen? Und das nur, damit einige wenige Kriminelle es in Zukunft ein wenig schwerer haben, an Waffen zu kommen, die auf den ersten Blick wie scharfe Feuerwaffen aussehen, es aber nicht sind?
Bitte, lassen Sie nicht zu, dass diese eklatante Unverhältnismäßigkeit der Mittel ein Gesetz wird und Millionen unbescholtener Bürger kriminalisiert und ihnen das verdiente Vertrauen entzieht.
Hochachtungsvoll,
Tim Ingold
Sehr geehrter Herr Ingold,
den Grundsatz Ihrer Kritik teile ich: Wie Sie bin ich der Meinung, dass in einer freiheitlichen Gesellschaft Verbote so sparsam wie möglich eingesetzt werden sollten. Und dass es einem demokratischen Staat in der Tat nicht gut zu Gesicht steht, seinen Bürgern mit einem grundlegenden Misstrauen zu begegnen und ohne Anlass zu Beschränkungen und Verboten zu greifen.
Von einem Verbot fühlen sich natürlich Bürger wie Sie, die verantwortungsvoll und gesetzestreu handeln, geradezu für ihr richtiges Verhalten bestraft – weil andere falsch handeln, werden alle mit einem Verbot belegt. Umso mehr muss ich als Parlamentarier abwägen, ob der Missbrauch rechtfertigt, auch die Unbescholtenen einzuschränken.
Beim Thema Anscheinswaffen ist für mich das Ergebnis dieser Abwägung, dem Verbot zuzustimmen. Es gibt viele Fälle, in denen Soft-Air-Varianten von Schusswaffen von Kriminellen eingesetzt wurden. Bei vielen Taten kommt es eben nur auf das Drohpotential einer Waffe an, nicht auf ihre objektive Gefährlichkeit. Eine vorgehaltene Anscheinswaffe beeindruckt das Opfer genauso wie eine richtige Schusswaffe und hat damit – bezogen etwa auf das Ziel eines Überfalls – auch genau die gleiche Wirkung. Dieser negativen Eigenschaft von Anscheinswaffen stehen aus meiner Sicht keine erkennbaren positiven Argumente für diese Waffen gegenüber.
Ein Verbot verspricht also, kriminelle Handlungen zu erschweren. Gerade die „kleineren Fische“, die sich eben nicht einfach eine Schusswaffe besorgen wollen oder können, verlieren durch ein Verbot von Anscheinswaffen an Drohpotential und damit Erfolgsaussichten. Deswegen ist es auch kein Willkürakt auf Verdacht, sondern eine begründete und gleichzeitig nicht tief einschneidende Beschränkung der persönlichen Freiheit.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wieland