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Wolfgang Wieland
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Frage von Monika H. •

Frage an Wolfgang Wieland von Monika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland,

warum wurde in der Anhörung zur Abgeltungssteuer nicht gefragt, ob die Ankoppelung der Kirchensteuer verfassungswidrige Folgen hat?
Insbesondere für Berlin wichtig: Wie können Personen falsche Angaben über ihre Religionszugehörigkeit in der vorgesehenen staatlichen Datenbank verhindern?
Wenn zu Unrecht von der Bank Kirchensteuer abgezogen wurde: Wie können sich die Betroffenen dagegen wehren?
Werden die Grünen am 25.5. diese Fragen auch im Bundestag stellen?
Wurde auch nach Ihren Feststellungen in der Anhörung deutlich, daß vielen Regelungen zur Abgeltungssteuer die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben steht?
Wenn das Bundesverfassungsgericht nach zu erwartenden Klagen die Verfassungswidrigkeit bestätigt: Wird die von den Banken einbehaltene Kirchensteuer nur erstattet, wenn für die Zeit ab 2009 vorsorglich Widerspruch eingelegt wird?
Der Kirchensteuerabzug durch die Banken wird ohne Rechtsbehelfsbelehrung erfolgen. Ist dies rechtmäßig?
Ist in diesem Falle ein Widerspruch ohne zeitliche Begrenzung möglich?

Mit freundlichen Grüßen

Monika Hendlmeier

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Hendelmeier,

Als Mitglied des Innen- und des Rechtsausschusses habe ich an der von Ihnen erwähnten Bundestagsanhörung nicht teilgenommen. Ich habe miich aber bei meinen Kollegen aus der Fraktion über die Veranstaltung erkundigt und wie Sie vielleicht aus meinen früheren Antworten wissen, sind mir die von Ihnen beschriebenen Probleme mittlerweile gut vertraut.Da Sie eine Vielzahl von Fragen gestellt haben, beantworte ich die Fragen jeweils einzeln:

>Warum wurde in der Anhörung zur Abgeltungssteuer nicht gefragt, ob die
Ankoppelung der Kirchensteuer verfassungswidrige Folgen hat?

Die Art und Weise, wie die Abgeltungssteuer von der Großen Koalition ausgestaltet wurde, belastet die private Altersvorsorge, stellt insbesondere Kleinanleger schlechter und privilegiert Zinsen gegenüber Dividenden und Veräußerungsgewinnen. Diese Abgeltungssteuer wird die Eigenkapitalbasis der kleinen und mittleren Unternehmen aushöhlen. Die Auswirkungen auf die Kapitalmärkte sind unkalkulierbar. Mit diesen Konstruktionsfehlern demontiert die Große Koalition die Vorzüge einer Abgeltungssteuer, wie Einfachheit und Gleichbehandlung. Die Grünen haben in der Abgeltungssteuer – Anhörung diese weit reichenden Folgen für alle steuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürger herausgearbeitet und gegen diesen gesetzlichen Vorschlag eine ablehnende Haltung. Leider konnten wir als zahlenmäßig kleinste Fraktion aber nur zwei Fragen stellen, so dass wir uns wegen der Beschränkung des Fragerechts nicht allen Aspekten der Abgeltungssteuer widmen konnten.

>Insbesondere für Berlin wichtig: Wie können Personen falsche Angaben über
ihre Religionszugehörigkeit in der vorgesehenen staatlichen Datenbank
verhindern?

Das besondere Berliner Problem besteht, weil die Landeskirche bedauerlicherweise an einer scheinbaren Religionszugehörigkeit festhält, obschon diese erkennbar - aber nicht immer ausreichend formell nachweisbar - aus der Kirche ausgetreten sind. Mit der jetzigen Regelung zur Abgeltungssteuer wird dieses Problem auch auf die Abgeltung von Kapitaleinkünften automatisch erstreckt. In dieser für die Betroffenen nachteiligen Situation ist der praktische Rat wichtig, den Religionsstatus in Zweifelsfällen beispielsweise durch einen nochmaligen deklaratorischen Austritt gegenüber der Kirche zu klären.

>Wenn zu Unrecht von der Bank Kirchensteuer abgezogen wurde: Wie können sich
die Betroffenen dagegen wehren?

Hier hat die große Koalition sogar noch weitere Erschwernisse für die Steuerpflichtigen gegenüber dem Gesetzentwurf beschlossen. So wurde die ursprünglich vorgesehene Erstattung durch die Religionsgemeinschaft wieder gestrichen. Wer zuviel oder falsch Kirchensteuer gezahlt hat, muss nun doch wieder eine Steuererklärung beim Finanzamt abgeben. Besonders in diesen Fällen wird es für die Bürgerinnen und Bürger sogar deutlich komplizierter, denn die sehr nützlichen Ausfüllhilfen für die Steuererklärung von Kapitaleinkünften (Jahresbescheinigungen der Banken) sind von der großen Koalition ebenfalls gestrichen worden. Diese weiteren Erschwernisse, wie auch der Gesetzentwurf selbst, sind von den Grünen im Finanzausschuss klar abgelehnt worden!

>Werden die Grünen am 25.5. diese Fragen auch im Bundestag stellen?

Die Grünen haben den gesamten Gesetzentwurf am 25. Mai im Bundestag komplett abgelehnt.

>Wurde auch nach Ihren Feststellungen in der Anhörung deutlich, dass vielen
Regelungen zur Abgeltungssteuer die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn
geschrieben steht?

Höhere Kapitaleinkünfte werden zukünftig deutlich niedriger besteuert als vergleichbare Arbeitseinkommen. Dieser Punkt wurde von verschiedenen Sachverständigen in der Anhörung als verfassungswidrig kritisiert.

>Wenn das Bundesverfassungsgericht nach zu erwartenden Klagen die
Verfassungswidrigkeit bestätigt: Wird die von den Banken einbehaltene
Kirchensteuer nur erstattet, wenn für die Zeit ab 2009 vorsorglich
Widerspruch eingelegt wird?

Erstattungen kommen nur in Betracht, wenn der Steuerbescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Gegen rechtskräftige Bescheide kann grundsätzlich nicht vorgegangen werden. Der Grundsatz der Rechtskraft gilt im gesamten Bereich des öffentlichen Rechts, nicht nur im Steuerrecht.

>Der Kirchensteuerabzug durch die Banken wird ohne Rechtsbehelfsbelehrung
erfolgen. Ist dies rechtmäßig?

Eine Rechtsbehelfsbelehrung analog der Verpflichtung der öffentlichen Verwaltung wird eine Bank wohl nicht abgeben müssen, da sie nicht hoheitlich tätig wird. Die Durchleitung des Geldes durch die Bank vereinfacht zwar die Einziehung von Geldern für den Staat, stellt aber für sich genommen keinen Hoheitsakt dar. Es wäre aber natürlich sehr wünschenswert und kundenfreundlich, wenn die Banken ihre Kunden auf den Rechtsgrund und den Umfang der Abgeltung aufklären würden. Ich meine, dass die Banken dazu im Rahmen Ihrer dem Kunden gegenüber bestehenden vertraglichen Obliegenheiten auch verpflichtet sind.

>Ist in diesem Falle ein Widerspruch ohne zeitliche Begrenzung möglich?

Bei Ihrer Frage bin ich mir nicht im Klaren, ob Sie einen Widerspruch gegen die Abbuchung oder einen Widerspruch gegen den Einkommenssteuerbescheid zwecks Verhinderung des Eintretens der Rechtskraft meinen. Vielleicht könnten Sie dies noch präzisieren.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland