Frage an Wolfgang Wieland von Rolf H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wieland,
der Presse (SPON) entnehme ich, dass Sie befürchten, dass der Bundestrojaner von den Geheimdiensten schon jetzt eingesetzt wird.
Meine Frage ist: Was wäre so schlimm daran, wenn in den Aufgabenbereichen der Dienste (immerhin Terrorismus, Politischer Extremismus, Spionage) solche Mittel zum Einsatz kommen. Entsteht nicht sogar eine Sicherheitslücke, wenn BND, Verfassungsschutz und MAD die Mittel nicht benutzen dürfen, die andere und ausländische Dienste sicherlich schon längst benutzen? Natürlich muss eine Onlinedurchsuchung rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Aber eine gesetzliche Grundlage gibt es ja wohl.
Wie stehen Sie als ehemaliger Justizsenator zu diesen Fragen?
Für Ihre Antwort danke ich im Voraus.
Sehr geehrter Herr Henning,
Sie schreiben, dass Sie der Auffassung sind, dass es eine gesetzliche Grundlage für das Online-Hacken durch Geheimdienste ja wohl gäbe. Genau das bestreite ich.
Sie - wie auch das BMI - gehen offenbar davon aus, dass z.B. (für den Verfassungsschutz) die §§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVerfSchG eine Rechtsgrundlage für das Eindringen in private Rechner sein können. Diese Auffassung teile ich gerade nicht:
- Die hier in Rede stehende Maßnahme greift tiefer in den Grundrechtsbereich ein, als die "Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung", die beispielhaft in § 8 Abs. 2 BVerfSchG genannt sind. Dies spricht dafür, dass eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage erforderlich wäre. So gibt es in § 9 des Gesetzes spezielle Regeungen und Anforderungen für die Überwachung von Post- und Telefonverkehr. Ein mindestens genauso tiefer Eingriff in die Grundrechte sind aber m.E. Online-Durchsuchungen privater PC.
- Es bedürfte aus meiner Sicht zumindest einer spezifischeren Ermächtigung, die – entsprechend den Maßgaben des Verfassungsgerichts - den Kernbereich der privaten Lebensführung schützt, da dieser Bereich bei den Eingriff in private PC´s ersichtlich betroffen sein kann.
- Schließlich handelt es sich nach meiner Auffassung bei dem Zugriff von Außen auf einen in der Wohnung befindlichen Rechner, um einen Eingriff in den durch Art. 13 GG geschützten Bereich der Wohnung. Die dort vorgesehen Schranken für solche Eingriffe sind eben gerade nicht deckungsgleich mit der allgemeinen Eintrittsschwelle nachrichtendienstlichen Handelns.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wieland