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Wolfgang Wieland
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Frage von Tanja G. •

Frage an Wolfgang Wieland von Tanja G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland,

scheitert das Gesetz zur Abgeltungssteuer(Ankoppelung der Kirchensteuer) am Verhalten der ev. Kirche in Berlin?

Auf die im Februar gestellten Fragen der Herren Ranner, Halfmann und Reth wird hingewiesen. Die im Vergleich mit anderen Bundesländern unterschiedliche Kirchensteuerpraxis führt zwangsläufig zu folgende Fragen:

Darf und wird es im Gesetz zur Abgeltungssteuer für Berlin eine Sonderregelung geben?

Sind wir uns darüber einig, dass eine solche Sonderregelung aus rechtlichen Gründen - Gleichheitssatz des Artikels 3 Grundgesetz - völlig absurd wäre?

Wenn es keine Sonderregelung geben wird und die ev. Kirche in Berlin bei ihrer Kirchensteuerpraxis bleibt, bedeutet dies, dass in Berlin innerhalb der Kirchensteuer unterschiedliche Regelungen gelten: Bei den von der Abgeltungssteuer erfassten Kapitalerträgen werden im Gegensatz zu anderen Einkünften Personen nicht zur Kirchensteuer herangezogen, die den Kirchenaustritt nicht nachweisen können.
Stimmen wir darin überein, dass diese unterschiedlichen Voraussetzungen aus rechtlichen Gründen ebenfalls völlig absurd wären?

Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Berliner Kirchensteuerpraxis in den anderen Bundesländern übernommen wird.
Werden die Grünen sich im Bundestag dafür einsetzen, dass dies nicht geschehen kann?

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Großmann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Großmann,

dass ich Bedenken gegen die Praxis der Evangelischen Kirche Berlin hege, ist Ihnen aus meinen letzten Antworten sicher bekannt. Es gibt aber auch jenseits der Praxis der Landeskirche Berlin-Brandenburg bei der Feststellung der Kirchenzugehörigkeit erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Gesetz zur Abgeltungssteuer. Die Informationen über die Religionszugehörigkeit dürfen nicht zur Grundlage von Bankgeschäften werden. Dem gilt unsere vorderste Sorge.

Aus diesen Gründen eine Sonderregelung nur für das Land Berlin zu schaffen, ist nicht sinnvoll und daher nicht vorstellbar. Der Gesetzgeber darf seine Regelungen nicht davon abhängig machen, dass eine von vielen Landeskirchen eine wenig bürgerfreundliche Haltung bei der Feststellung der Kirchensteuer einnimmt. Eine einheitliche Regelung kann m.E. auch nicht zu unterschiedlichen Regelungen führen, da die Finanzbehörden selbst bei einer automatischen Festlegung der Kirchensteuer zumindest nachträglich eine einheitliche Festlegung der Steuer auf alle Einkunftsarten herstellen muss.

Eine Übernahme der von Ihnen zu Recht kritisierten Berliner Kirchensteuerpraxis in anderen Bundesländern ist den Kirchen nicht zu empfehlen. Der Bundestag könnte auf innerkirchliche Sachverhalte aber auch keinen gesetzgeberischen Einfluss ausüben, um dem zu begegnen. Seien Sie jedoch gewiss, dass wir darauf drängen werden, dass diese Praxis eingestellt wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Wolfgang Wieland